Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

$ 90. Das Reich als einheitliches Subjekt des Völkerrechtes. 533 
a. 4, und des a 56 hinzufügen, Konsuln zu entsenden, sondern 
es ist auch ohne zutreffende Specialklausel zum !Empfange fremder 
Konsuln befugt, wie überdies eine vollkommen unbestrittene Praxis 
ergiebt°. 
Das Reich ist nicht nur zu Friedensschlüssen, Bündnissen und 
anderen Verträgen berechtigt, sondern zu Verhandlungen jeder Art, 
welche irgend eine andere, nicht notwendig in Vertragsschlüssen sich 
äulsernde Einwirkung auf andere Staaten und ihre Gemeinschaft 
ausüben. 
Das Reich endlich ist nieht nur zur Kriegserklärung und Kriegs- 
führung berechtigt, sondern nicht minder zu anderen völkerrechtlichen 
Mitteln der Eigenmacht, zur Anordnung von Retorsionen und Re- 
pressalien, zur Verhängung von Blockaden, zur Ausstellung von Kaper- 
briefen, zur Ausübung des Durchsuchungsrechtes und der Prisen- 
gerichtsbarkeit. Die letztere Kompetenz ist in dem Gesetze über die 
Prisengerichtsbarkeit vom 3. Mai 1884 zur Geltung gebracht. 
2. Alle diese Rechte, welche der ausschliefslich nach aufsen ge- 
wandten Thätigkeit des Staates in seinen auswärtigen Beziehungen ent- 
sprechen und welche man daher als die völkerrechtlichen Ho- 
heitsrechte des Staates ineinem engeren Sinne bezeichnen mag, setzen 
eine im Innern des Staates sich vollziehende Thätigkeit voraus. 
Ihre Regelung und Handhabung bildet die notwendige Voraussetzung 
der erstern, der völkerrechtlichen Hoheitsrechte. Hieraus ergeben sich 
Rechte, die um ihres Gegenstandes willen specifische Rechte der 
Staatsgewalt darstellen und die man als äulsere Hoheitsrechte 
zu bezeichnen pflest. 
Auch diese äulseren Hoheitsrechte stehen dem Reiche in logischer 
und praktischer Folgerichtigkeit zu. 
Demgemäls liegt dem Reiche als Recht und Pflicht die Organi- 
sation seines gesamten auswärtigen Dienstes ob. Das ist für das 
deutsche Konsulatswesen in umfassender Weise geschehen durch die 
beiden grundlegenden Gesetze über die Organisation der Konsulate 
vom 8. Nov. 1867 und über die Konsulargerichtsbarkeit vom 10. Juli 
1879. Aber es liegt ihm auch ob die Regelung der Rechtsstellung 
der von ihm empfangenen auswärtigen Agenten durch Bestimmung 
ihrer Immunitäten und des Umfanges ihrer im Inlande auszuübenden 
Amtsrechte‘*. 
®? Anderer Meinung war seiner Zeit v. Mohl, Reichsstaatsrecht S. 308. 
* Damit ist das Reich kompetent, die Rechtsstellung der Gesandten und 
Konsuln auch auf den Gebieten zu regeln, die ohne diese Rücksicht aus- 
schliefslich der Kompetenz der Einzelstaaten unterliegen. Daher die Be-
	        
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