Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

$ 90. Das Reich als einheitliches Subjekt des Völkerrechtes. 535 
eigene und unmittelbare Verwaltung mittels eigener Organe 
und mittels Handhabung eigener Machtmittel. Dies ergiebt sich aus 
der Natur der Sache, aber auch aus der Verfassung selbst. dadurch, 
dafs dieselbe die völkerrechtlichen Hoheitsrechte des Reiches nicht 
der Verteilung der Regierungsrechte in R.V. a. 4 unterstellt. 
Auf beiden Gebieten findet daher grundsätzlich eine Mitwirkung 
der Einzelstaaten nicht statt. Nur in einzelnen Fällen ist denselben 
eine Einwirkung gestattet. 
Nach dem bayerischen Schlulsprotokoll vom 23. November 1870 
a. VII ist es zugesagt, dafs der Kaiser mit Zustimmung des Königs 
von Bayern den bayerischen Gesandten an den Höfen, an welchen 
solche beglaubist sind, Vollmacht erteilen werde, die Bundesgesandten 
in Verhinderungsfällen zu vertreten. 
Nach R.V. a. 52 al. 2 und dem dort angezogenen Postvertrag 
vom 23. November 1867 soll das Reich bei dem Abschlufs von Post- 
und Telegraphenverträgen mit an Bayern oder Württemberg an- 
srenzenden Mächten den genannten beteiligten Einzelstaaten Kenntnis 
geben behufs Herbeiführung einer Verständigung über das im Ver- 
hältnis zu den fremden Ländern einzuhaltende übereinstimmende Ver- 
fahren und behufs Geltendmachung der bezüglich des deutschen Post- 
und Telegraphenwesens bestehenden gemeinsamen Interessen”. 
Nach Nr. 8 des Schlufsprotokolles zum Zollvereinsvertrag vom 
8. Juli 1867 wird der Kaiser bei Handels- und Schiffahrtsverträgen 
mit Österreich und der Schweiz die angrenzenden Einzelstaaten zur 
Teilnahme an den dem Abschlufs vorangehenden Verhandlungen ein- 
laden ®. 
Endlich ist durch das Konsulatsgesetz vom 8. November 1867 
nach näherer Malsgabe des $ 3 angeordnet, dafs nicht nur die Reichs- 
konsuln in besonderen Fällen an die Regierungen der Einzelstaaten 
zu berichten haben, sondern auch dals ihnen die Regierung eines 
Einzelstaates in diesen Fällen, die sein besonderes Interesse oder die 
Geschäftsangelegenheiten einzelner seiner Angehörigen betreffen, Auf- 
träge zu erteilen und unmittelbare Berichterstattung aufzugeben be- 
rechtigt ist. 
Allein wenn es sich in dem ersten Falle nur um Funktionen 
6 Das Vertretungsrecht bezieht sich nicht auf Fälle der Erledigung 
der Gesandtschaft durch Tod oder Abberufung. S. v. Mohl, Reichsstaats- 
recht S. 306 Note 2. 
8. Hänel, Studien I 109 ff. u. 227. 228. 
8 S. Delbrück, Der Artikel 40 S. 49. 50.
	        
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