Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

$ 97. Die zwischenstaatliche Rechts- und Verwaltungshülfe. 579 
eigener Organe kompetent ist, soweit ist es auch kompetent die 
Rechts- und Verwaltungshülfe zu ordnen, welche ihnen die Einzel- 
staaten zu leisten haben. 
Das Unterstützungsverhältnis findet sodann zwischen den 
Einzelstaaten statt, und nur dieses steht hier in Frage. Es greift 
Platz auf denjenigen Gebieten des Staatslebens, auf welchen die Einzel- 
staaten zur Mitwirkung in der Weise der Selbstverwaltung berufen 
sind oder auf welchen die Kompetenz des Reiches überhaupt aus- 
geschlossen ist. Hier stehen sich die Einzelstaaten in ihrem Wechsel- 
verhältnis als geschlossene Einheiten, selbständig und gleichberechfigt 
gegenüber. Hier ist das Reich nicht berechtigt, die Gliederung und 
die Kompetenzen der Organe des Einzelstaates dergestalt zu durch- 
brechen, dals es die Amtsgewalten der Behörden des einen Einzel- 
staates auf das Territor des andern erstreckt, oder die Behörden der 
verschiedenen Einzelstaaten in das Verhältnis der Über- und Unter- 
ordnung setzt?. Hier kann das erforderte Unterstützungsverhältnis 
nur durch die zwischenstaatliche Rechts- und Verwaltungshülfe her- 
gestellt werden. 
Die Regelung dieser zwischenstaatlichen Rechts- und Verwaltungs- 
hülfe unterliegt der Kompetenz des Reiches, allerdings nur in einem 
bestimmten Umfange und unter verschiedenartiger rechtlicher Be- 
eründung. 
I. Soweit das Reich kompetent ist, einen Gegenstand der Rechts- 
pflege oder der sonstigen Verwaltung seiner Regelung zu unterziehen, 
soweit ist es auch schon hierdurch und ohne weiteres kompetent, die 
Vorschriften über die Zusammenordnung und das Zusammenwirken 
der Einzelstaaten zu treffen, welche die einheitliche und planmälsige 
Durchführung der gestellten Aufgabe in allen und durch alle Einzel- 
staaten erforderlich macht. 
Auf Grund dieser Kompetenz hat die Reichsgesetzgebung die 
Rechts- und Verwaltungshülfe unter den Einzelstaaten im weitesten 
Umfang und in den verschiedensten Formen geregelt. 
® Vgl. Laband, Staatsrecht I 178. Wenn nach Anleitung der Motive 
zum Gerichtsverfassungsgesetzentwurf — Sten. Ber. d. Reichstages 1874/75 
III 90 — gesagt wird, dafs die Gerichtsgewalt eines jeden ordentlichen deut- 
schen Gerichtes sich auf das ganze Reichsgebiet und auf alle sich in dem- 
selben aufhaltenden Personen erstrecke, so ist das nur in dem Sinne richtig, 
dafs jedes ordentliche Gericht das Recht unmittelbarer Requisition (s. u. I, 1) 
besitzt und dafs die Rechtsfolgen, die sich kraft Gesetzes an seine inner- 
halb seiner örtlichen und sachlichen Kompetenz vorgenommenen Amtshand- 
lungen knüpfen, im ganzen Geltungsgebiete der diese Rechtsfolgen vor- 
schreibenden Reichsgesetze Anerkennung finden müssen. 
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