Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

$ 97. Die zwischenstaatliche Rechts- und Verwaltungshülfe. 583 
eile und der Vornahme von unverzüglichen Amtshandlungen auch auf 
dem Gebiete eines anderen Einzelstaates im Bereiche der ordentlichen 
Gerichtsbarkeit und der Zollverwaltung geregelt’®. Sie hat sodann 
dem Reiche auf dem Gebiete der Seuchenverwaltung die Ermächtigung 
erteilt, durch den Reichskanzler oder durch eigene Organe, die Reichs- 
kommissare, diejenigen Anordnungen mit unmittelbarer Wirksam- 
keit auch für die untergeordneten Landesbehörden zu verfügen, welche 
„für die Herstellung und Erhaltung der Einheit in den seitens der 
Landesbehörden — verschiedener Einzelstaaten zu treffenden oder ge- 
troffenen Mafsregeln“ erforderlich sind!?. Damit ist die Verwaltungs- 
hülfe der Einzelstaaten untereinander durch einen unmittelbaren 
Vollziehungsakt des Reiches bewerkstelligt. 
II. Auf einer ganz anderen rechtlichen Grundlage muls not- 
wendig die gegenseitige Unterstützung der Einzelstaaten beruhen über- 
all da, wo dasReich verfassungsmälsig nicht berufen ist, 
den Gegenstand, auf welchen sich jene bezieht, gesetzgeberisch zu 
regeln. Hier liegt das Gebiet, auf welchem grundsätzlich die Einzel- 
staaten das Recht besitzen, ihr gegenseitiges Verhalten und die Be- 
ziehungen ihrer Behörden kraft ihrer autonomen und vertragsmälsigen 
Beliebungen zu regeln. Hier kann das Reich zur Erwirkung der 
zwischenstaatlichen Rechts- und Verwaltungshülfe nur durch besondere, 
ihm für diesen Zweck verfassungsmälsig beigeleste Kompetenzen er- 
mächtigt werden. Und dies allerdings ist in drei Fällen geschehen. 
1. In speeialisierter Weise hat die R.V. a. 35 al. 1 — in An- 
schlufs an a. 3 $ 5 des Zollvereinsvertrages vom 8. Juli 1867 — dem 
Reiche das Recht der Gesetzgebung und zwar der ausschliels- 
lichen Gesetzgebung vorbehalten „über den gegenseitigen Schutz der 
in den einzelnen Bundesstaaten erhobenen Verbrauchsabgaben gegen 
Hinterziehungen“, also nicht etwa blofs der der Reichsgesetzgebung 
unterliegenden — hierfür bedurfte es einer besonderen Klausel nicht —, 
sondern auch der der Einzelstaatsgesetzgebung anheimfallenden Ver- 
brauchsabgaben °°. 
2, Sodann gehört hierher R.V. a. 4 Nr. 12: „Beglaubigung von 
18 Gerichtsverfassungsgesetz $$ 167. 168. Zollkartell vom 11. Mai 1833 
aa. 5. 6. Gesetz über die Sicherung der Zollvereinsgrenze vom 1. Juli 1869 
(28. Juni 1879) a. 17. 
19 Rinderpestgesetz vom 7. April 1869 $ 12. Viehseuchengesetz vom 
23. Juni 1880 $ 4. Reblausgesetz vom 3. Juli 1883 8 5. 
2° Kraft dieser Kompetenz hat der 2. Satz des $6 desa. 5 des Z.V.V. 
vom 8. Juli 1867 nur die Bedeutung eines einfachen Gesetzes, und nicht einen 
verfassungsmälsigen Charakter, wie Delbrück, Art. 40 8. 38 annimmt.
	        
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