Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

984 II. Buch. Die Reichsgewalt. 
öffentlichen Urkunden“. Hierdurch wird das Reich zu den gesetz- 
lichen Bestimmungen ermächtigt, unter welchen Voraussetzungen eine 
öffentliche Urkunde als solche anerkannt werden muls, gleichgültig, ob 
sie von der Behörde oder Urkundsperson eines anderen Staates aus- 
gestellt ist, gleichgültig aber auch, ob sie einen Gegenstand betrifft, 
der der Kompetenz des Reiches unterliegt oder nicht. Das Gesetz 
vom 1. Mai 1878 ist auf Grund dieser Ermächtigung ergangen. 
3. In allgemeiner, weittragender Weise hat endlich R.V. a. 4 
Nr. 11 der Beaufsichtigung und Gesetzgebung des Reiches nicht nur 
„Bestimmungen über die: wechselseitige Vollstreckung von Erkennt- 
nissen in Civilsachen“ — wofür es in Rücksicht auf die gesetzgeberische 
Befugnis über „das gerichtliche Verfahren“ (Nr. 13) einer Special- 
klausel nicht bedurft hätte —, sondern auch Bestimmungen über die 
„Erledigung von Requisitionen überhaupt“ unterworfen. 
Damit ist dem Reich die Kompetenz zugeschrieben, die zwischenstaät- 
liche Rechts- und Verwaltungshülfe, insoweit sie auf Ersuchen zu er- 
folgen hat, nach Voraussetzung, Modalität und Umfang gesetzgeberisch 
zu regeln, und zwar nicht nur für solche Gegenstände, welche materiell 
der Reichsgesetzgebung unterliegen, sondern schlechthin auf jedem 
Gebiete der Verwaltung. 
& 98. 
Das Indigenat!. 
Die höhere, geistige und wirtschaftliche Kulturentwickelung ist 
durch ein gesellschaftliches Zusammenwirken und eine Bewegung der 
Bevölkerung bedingt, welche die natürlichen Gruppen der Völker und 
die politischen Einheiten der einzelnen Staaten überschreiten. Damit 
wird es zu einer notwendigen Voraussetzung der Völkerrechtsgemein- 
schaft und damit zu einer völkerrechtlichen Pflicht jedes einzelnen 
Staates, auch den Fremden an der eigenen Rechts- und Wohlfahrts- 
ordnung nach Recht und Pflicht teilnehmen zu lassen. Allein im Ver- 
hältnis unabhängiger Staaten bleibt es Sache der Gesetzgebung und 
Vollziehung des einzelnen Staates, die Rechtsstellung des Fremden 
gegenüber der eigenen Staatsgewalt zur Anerkennung zu bringen und 
das Mais derselben zu bestimmen. | Ä 
Je reichhaltiger sich der Verkehr der Völker entwickelt, desto 
mehr schwächen sich die rechtlichen Unterschiede zwischen : Ein- 
ı Laband, Staatsr. d.d.R. I 168 ff. Brückner, Über das gemeinsame 
Indigenat 1867. Kletke, Das norddeutsche Bundesindigenat 1871.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.