586 II. Buch. Die Reichsgewalt.
den Besuch der Märkte und Messen zur Ausübung des Handels und
zum Absatz eigener Erzeugnisse oder Fabrikate?.
Mit der Begründung desnorddeutschen Bundes und des deut-
schen Reiches wurde in einem bestimmten Umfange die Rechtsstellung
des Angehörigen des einen Einzelstaates im Herrschaftsgebiete desanderen
Einzelstaates in ein vollkommen anderes Rechtsverhältnis umgewandelt.
Soweit das Reich die Kompetenz gewann, bestimmte in der Verfassung
bezeichnete Gegenstände der Rechts- und Wohlfahrtspflege durch seine
eigene Gesetzgebung zu regeln, soweit wurde es auch unmittelbar und
nicht erst kraft einer besonderen Kompetenz berechtigt, die Rechte
und Pflichten der Beteiligten nach Bedingung, Inhalt und Geltend-
machung in voller Gleichheit zu regeln, gleichgültig ob dieselben den
Angehörigen des einen oder anderen Einzelstaates zustehen, ob sie in
dem einen oder in dem anderen Einzelstaate zur Geltung kommen.
Soweit die Gesetzgebung des Reiches nach Malsgabe seiner Kompetenz
in Wirksamkeit tritt, soweit regelt sie nicht die Rechtsstellung der
Angehörigen des einen Einzelstaates im Gebiete des anderen, sondern sie
bestimmt in gemeingültiger Weise die Rechte und Pflichten der Reichs-
angehörigen im Gebiete und unter der Herrschaft des Reiches
dergestalt, dafs der Einzelstaat nur den Ort und die zuständige Be-
hörde bezeichnet, bei denen zutreffienden Falles die Geltendmachung
erfolgt. Mit anderen Worten: Gegenüber der aktuellen Gesetzgebung
des Reiches können die Gebiete der Einzelstaaten nur territoriale
Gliederungen der Vollziehung, wie die territorial gegliederten Behörden-
systeme eines Einheitsstaates, nicht aber territoriale Gliederungen des
objektiven privaten oder öffentlichen Rechtes darstellen, auf welche sich
der Unterschied zwischen Staatsangehörigkeit und Fremdsein im recht-
lichen Sinne stützt.
Allein die Natur und die Begrenzung der Reichskompetenzen
bringen es mit sich, dals durch sie der Begriff der Landesfremden
d. h. der Staatsangehörigen eines deutschen Einzelstaates in ihrem Ver-
hältnis zu jedem anderen Einzelstaat, dessen Staatsangehörige sie nicht
sind, nicht aufgehoben und ihre Rechtsstellung nicht bestimmt ist. Es
ist dies solange und insofern nicht der Fall, als eine Reichskompetenz
der erstmaligen Durchführung durch die Gesetzgebung bedarf; denn
hier bleibt bis zum Erlafs des Reichsgesetzes das Partikularrecht in
Kraft. Es ist dies schlechthin nicht der Fall im ganzen Umfange der
Rechtsverhältnisse, welche verfassungsmälsig der Regelung durch die
Einzelstaaten vorbehalten bleiben. Sollte daher die Rechtsstellung
? Vertrag vom 8. Juli 1867 a. 5 88 3, 4, 7. aa. 23. 25. 26. 28.