Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

620 II. Buch. Die Reichsgewalt. 
in einem auswärtigen Staate bezeichnet. Auch solchen Kolonieen gegen- 
über gewährt das Reich den Schutz, auf den alle Deutschen dem Auslande 
gegenüber gleichmäfsig Anspruch haben. Es gewährt denselben mit den 
allgemeinen Mitteln des Völkerrechtes oder mit den besonderen Mals- 
regeln, die nach Vertrag und Herkommen in den orientalischen Staaten 
durch die Konsulargerichtsbarkeit eine besondere Gestaltung gewinnen. 
Ja es mag, wie sonst aus anderen politischen Gründen, gerade zu 
diesem Zwecke, gleichgültig, ob die deutsche Kolonie ihre Reichs- und 
Staatsangehörigkeit bewahrt oder nicht, mit dem auswärtigen Staate 
die besondere völkerrechtliche Verbindung eingehen, welche das Pro- 
tektorat im völkerrechtlichen Sinne begründet. Hier überall ist die 
Thätigkeit des Reiches nichts anderes, als die Anwendung der völker- 
rechtlichen Befugnisse, die dem Reiche verfassungsmälsig zustehen, 
auf den Thatbestand, den die deutsche Kolonisation im untechnischen 
Sinne begründet. 
III. Zu einer spezifischen Erscheinung und zu einem technischen 
Rechtsbegriff erhebt sich die „Kolonie“ erst dann, wenn sie ein 
besonders qualifiziertes Rechts- und insbesondere Herrschaftsverhältnis 
des Heimatsstaates über ein aulserhalb seiner Grenzen belegenes 
Territor darstellt. 
An diesem Punkte erweitert sich die Kompetenz des Reiches 
über die „Kolonisation“ zu einem Anwendungsfall der Konsolidation 
der Reichsgewalt, die jede Beziehung zu den Einzelstaaten auflöst und 
das Reich in eine mit dem Einheitsstaate gleiche Rechtslage versetzt '®. 
III. Die Verkehrsmittel. 
8 104. 
Die Reichskompetenz im allgemeinen. 
Unter den Verkehrsmitteln werden die Land- und Wasser- 
stralsen einerseits und die Beförderungsanstalten, welche auf 
den gegebenen Stralsen die Ortsbewegung der Personen, ihrer wirt- 
schaftlichen Güter und ihrer Nachrichten bewerkstelligen, andererseits 
zusammengefalst. In diesem Sinne sind die Verkehrsmittel notwendige 
Voraussetzungen der gesellschaftlichen Entwickelung schlechthin. Sie 
bedingen die Lebensthätigkeit wie der Individuen, so der Gemein- 
wesen; sie dienen nicht nur dem wirtschaftlichen Güterverkehr, 
sondern nicht minder der rein persönlichen Geselligkeit wie 
der geistigen Kultur, insofern diese auf dem gesellschaftlichen 
18 9, 88 143. 144. 145.
	        
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