Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

624 II. Buch. Die Reichsgewalt. 
weiterung der verfassungsmälsigen Kompetenz des Reiches dar. Viel- 
mehr bildet dieselbe jetzt nur noch eine Anwendung einer anderweitigen, 
in der Verfassung begründeten Kompetenz: der ausschliefslichen Zoll- 
gesetzgebung — denn jede den Malsstab der Gebühr überschreitende 
Kommunikationsabgabe hat die rechtliche Natur des Zolles*. — Die 
Bestimmung des a. 22 des Zollvereinsvertrages hat daher insoweit 
die Bedeutung einer verfassungsrechtlichen Vorschrift nicht, sie ist 
einfaches Gesetz. 
Dagegen muls es: allerdings als eine Verfassungsvorschrift und 
zwar als die Konstituierung eines Sonderrechtes im Sinne des 2. Alinea 
der R.V. a. 78 erachtet werden, wenn in demselben Artikel 22 für 
Oldenburg bestimmt ist, dals dieses nur die Verpflichtung habe, „die 
dermaligen Chausseegeldersätze nicht zu erhöhen“ ; denn damit ist eine 
Exemtion von gemeingültigen Kompetenzen des Reiches konstituiert. 
Und gleichwertig damit ist die gleiche Bestimmung für Schaumburg- 
Lippe in dem Vertrage vom 25. September 1851°. 
II. Weiter greifen die Kompetenzen des Reiches an den Wasser- 
strassen — natürlichen Flulsläufen, Kanälen, Seen. Allerdings be- 
schränken sie sich immer nur auf die Eigenschaft und Bestimmung 
der Gewässer als Stra[se und die auf ihnen sich bewegenden Be- 
förderungsanstalten. Alle übrigen Seiten des öffentlichen Weasser- 
rechtes dagegen, die Fischerei, das Ent- und Bewässerungswesen, das 
Deichwesen u. s. w., bleiben ungeteilt in der Hand der Einzelstaaten. 
* Dies übersieht Delbrück, Artikel 40 S. 84ff., der daher die Be- 
stimmung des a. 22 als verfassungsrechtlich ansieht. Ebenso Meyer, Ver- 
waltungsrecht I 490. Hänel, Studien I 142 ff. 
5S. Delbrück a. 2.0. S.85. Dagegen begründen die für Sachsen und 
die Länder des thüringischen Zoll- und Handelsvereines in No. 16 des Schlufs- 
protokolls zum Z.V.V. vom 8. Juli 1867 bestätigten besonderen Bestimmungen 
keine Sonderrechte; sie stellen nur eine Umrechnung des preufsischen Tarifes 
auf ein anderes Wegemafs dar (Meyer, Verwaltungsrecht I 490 Note 10). 
Ebensowenig bildet Sonderrecht die Bestimmung in dem Schlufsprotokoll zu 
dem Anschlufsvertrage Badens: „dafs, da auf den württembergischen und 
badischen Staatschausseen kein Chausseegeld erhoben wird, solange dies der 
Fall sein wird, die auf diesen Strafsen bestehenden Pflastergelder auch ferner 
erhoben werden können.“ Denn dadurch wird nicht der Gebührengrundsatz 
aufgehoben, sondern es wird nur die Ausführungsbestimmung des a. 22 al. 4 
(„besondere Erhebungen von Thorsperr-- und Pflastergeldern sollen auf 
chaussierten Strafsen — dem vorstehenden Grundsatze gemäls — auf- 
gehoben und die Ortspflaster den Chausseestrecken dergestalt eingerechnet 
werden, dafs davon nur die Chausseegelder nach dem allgemeinen Tarif zur 
Erhebung kommen“) den besonderen Verhältnissen angepalst. A.M. auch 
hier Delbrück.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.