644 II. Buch. Die Reichsgewalt.
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Die Verpflichtungen der Bundesregierungen.
Die „Verpflichtungen der Bundesregierungen“ sind
in:der Generalklausel des R.V. a. 42 zusammengefalst:
„Die Bundesregierungen verpflichten sich, die deutschen Eisen-
bahnen im Interesse des allgemeinen Verkehres wie ein einheitliches
Netz zu verwalten“.
Die Speeialisierung erfolgt im 2. Satz des R.V. a. 42 und im
l. Satz des R.V. a. 43 nach zwei Seiten hin:
„Zu diesem Behufe“ sind die Bundesregierungen verpflichtet,
„auch die neu herzustellenden Bahnen nach einheitlichen Normen an-
legen und ausrüsten zu lassen“.
„Es sollen demgemäfls! in thunlichster Beschleunigung über-
einstimmende Betriebseinrichtungen getroffen, insbesondere gleiche
Bahnpolizeireglements eingeführt werden.“
I. Bei allen diesen Bestimmungen ist die Auffassung ausge-
schlossen, als ob es sich um Verpflichtungen der Einzelstaaten
untereinander handele. Denn das, was Anordnung der Reichs-
verfassung ist, kann in keinem Falle, wie dies bei jener Auffassung
folgen mülste, als von den Beliebungen der Einzelstaaten in seinem
Bestande oder in seiner Durchführung abhängig gedacht werden.
Vielmehr ist zu diesen Verpflichtungen das berechtigte Subjekt das
Reich®.
Aber auf der anderen Seite sind die verpflichteten Subjekte die
„Bundesregierungen“. Die Rechte des Reiches beziehen sich
ausschliefslich auf diese. Sie haben keine unmittelbare Wirksamkeit,
sei es auf die den Bundesregierungen untergeordneten Instanzen der
Staats- und Privatbahnen, sei es auf die Unterthanen. Und daraus
folgt ein Doppeltes.
1. Es folgt an erster Stelle, dafs die Einzelstaaten als Träger
der wesentlichsten Verwaltungsrechte im Gebiete des Eisenbahnwesens
fortdauernd anerkannt sind. Ihnen und nicht dem Reiche steht ver-
fassunesmälsig nach wie vor die Anlage und Ausrüstung der Eisen-
1 Dieses „demgemäfs“ ergiebt den Anschlufs dieses. Satzes, obgleich er
einen neuen Artikel (48) beginnt, an die Bestimmungen des vorhergehenden
Artikels und bewirkt, dafs das „in thunlichster Beschleunigung eingeführt
werden sollen“ nur als Verpflichtungen der Bundesregierungen aufgefalst
werden kann. S. Laband, Staatsrecht d. d. R. I 118.
2 Unrichtig Laband a. a. O. II 116: „die Bundesregierungen — leisten
und acceptieren gegenseitige Zusicherungen.“