Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

658 DI. Buch. Die Reichsgewalt. 
wirkung“ auszuüben. Aus diesem Grundsatze ergeben sich die 
demselben im einzelnen zustehenden Befugnisse. 
a. Das Reich hat nicht nur den selbstverständlichen Anspruch 
auf stete Mitteilung aller einschlagenden Malfsregeln und Verhand- 
lungen, auf Beteiligung an den letztern im Schriftenwechsel und durch 
Kommissare, sondern ihm steht das Recht der leitendenlInitia- 
tive zu. Die Eisenbahnverwaltungen, ihre Vereine und Verbände 
sind verpflichtet, die Vorschläge des Reiches auf Fortbildung des 
Tarifwesens nach Mailsgabe der Direktiven der Reichsverfassung ihren 
Beratungen und Beschliefsungen zu unterziehen. 
b. Das Reich ist fernerhin berechtigt, diejenige Übereinstimmung 
und Gleichmälsigkeit, die sich in dem Tarifwesen bereits entwickelt 
hat und die fernerhin in den zutreffenden Formen des bestehenden 
Rechtes herbeigeführt wird, festzustellen, zu bekunden. In 
diesem Sinne beschliefst der Bundesrat die einschlagenden „Regle- 
ments“, „Normen“, „Bestimmungen“, „Ordnungen“. 
c. Aber das Reich ist endlich auch befugt, die herbeigeführte 
Übereinstimmung und Gleichmäfsigkeit des Tarifwesens festzuhal- 
ten. So wenig der Wortlaut der Verfassung dem Reiche einseitige 
Zwangs- und Verordnungsrechte beilest, so sehr würde es den Sinn 
desselben in Widersinn verkehren, wenn die einmal herbeigeführte, 
durch die Beschlüsse des Bundesrates fixierte Übereinstimmung und 
Gleichmäfsigkeit des Tarifwesens durch die einseitigen autonomischen 
und vertragsmälsigen Beliebungen der Eisenbahnverwaltungen wieder 
aufgehoben werden könnte. Vielmehr steht dem Reiche das Recht 
zu, gegen jede einseitige, ohne seine Mitwirkung und Genehmigung 
erfolgende Abweichung davon in für jeden Beteiligten rechtsverbind- 
licher Weise Einspruch zu erheben, als einer verfassungswidrigen 
und nichtigen Mafsregel-e Und gerade hierdurch geschieht es, dals, 
wenn einmal im Zusammenwirken der autonomischen Beliebungen und 
der Einigungen der Eisenbahnverwaltungen, der Aufsichtsrechte der 
Einzelstaaten und der Einwirkungen des Reiches die von den Vor- 
schriften der Reichsverfassung bezielte Übereinstimmung und Gleich- 
mäfsigkeit des Tarifwesens herbeigeführt ist, alsdann die hieraufhin 
beschlossenen Regulative des Bundesrates die rechtsverbindliche Kraft 
gewinnen, der Autonomie und den Einigungen der Eisenbahnverwal- 
tungen Inhalt und Schranken vorzuschreiben und die Ausübung der 
Aufsichtsrechte der Einzelstaaten zu binden. Die unter den gefor- 
derten Voraussetzungen rechtsgültig beschlossenen Regulative haben 
alsdann die nämlichen rechtlichen Wirkungen, als welche einer auf 
der freien Initiative des Bundesrates entsprungenen Verordnung bei-
	        
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