660 Il. Buch. Die Reichsgewalt.
petenz, wohl aber über die Organisation des Reiches enthielt — so-
wie darin, dafs es die dem Reiche für seine kompetenzmälsigen An-
ordnungen und Entscheidungen zustehenden Zwangsmalsregeln ordnete,
wozu es, da eine Änderung von R.V. a. 19 nicht in Frage stand, im
Wege der einfachen Gesetzgebung berechtigt war.
II. Dagegen treten zu den gemeingültigen Kompetenzvorschriften
Specialbestimmungen, welche eine Sonderstellung zweier Einzelstaaten
begründen.
Für Württemberg beschränkt sich dies nach dem Protokolle
vom 25. November 1870 unter 2, die regelmälsigen Prüfungs- und Ein-
spruchsrechte des Reiches im Tarifwesen begrenzend, auf die vertrags-
mälsige Anerkennung, dafs auf den württembergischen Eisenbahnen
nicht alle in R.V. a. 45 aufgeführten Transportgegenstände in allen
Gattungen von Verkehren zum Einpfennigsatz befördert werden können.
Dagegen sind an Bayern durch R.V. a. 46 al. 2 und 3 ver-
fassungsmälsige Exemtionen von grolser Tragweite eingeräumt.
Allerdings auch für Bayern gilt unbeschränkt R.V. a. 4 Nr. 8,
welcher das Eisenbahnwesen im Interesse der Landesverteidigung und
des allgemeinen Verkehres der Beaufsichtigung und der Gesetzgebung
des Reiches unterwirft. Daher sind denn auch die unmittelbar gültigen
Bestimmungen der al. 2 und 3 des a. 41 der R.V. als blofse Vor-
eriffe auf die künftige Reichsgesetzgebung auch für Bayern in Kraft
getreten. Daher denn auch das al. 3 des R.V. a. 46:
„Dem Reiche steht jedoch auch Bayern gegenüber das Recht
zu, im Wege der Gesetzgebung einheitliche Norınen für die
Konstruktion und Ausrüstung der für die Landesverteidigung
wichtigen Eisenbahnen aufzustellen“,
zunächst nur die negative Bedeutung hat, die Aufstellung dieser
Normen von Reichs wegen im Wege der Verordnung auszuschlielsen.
Freilich ist hierin zugleich insofern eine sonderbare Beschränkung der
Reichsgesetzgebung enthalten, als diese sich an diesem Punkte nicht
zugleich auf die den Interessen des allgemeinen, sozusagen bürger-
lichen Verkehres dienenden Eisenbahnen bezieht.
Allein das Hauptgewicht der bayerischen Sonderstellung liegt auf
dem Gebiete der dem Reiche zustehenden, über den Bereich der Be-
aufsichtigung und Gesetzgebung hinausgreifenden Rechte. Hier ist für
Bayern nur das Recht des Reiches auf eigene Anlage und Konzes-
'sionierung von Eisenbahnen nach Malsgabe des R.V. a. 41 al. 1 und
auf Erfüllung der Anforderungen der Verteidigung Deutschlands an
(die .Eisenbahnverwaltungen nach Mafsgabe des R.V. a. 47 in Geltung.
Im übrigen sind dem Reiche alle diejenigen Befugnisse gegenüber