670 II. Buch. Die Reichsgewalt.
nur kraft Speecialauftrages desselben für jeden einzelnen Fall. Der
Reichskanzler, unter Zustimmung des Bundesrates, verteilt die auszu-
prägenden, nach Münzgattungen specialisierten Münzbeträge auf die
einzelnen Münzstätten, bestimmt die gleichmälsig den Einzelstaaten
zu gewährende Vergütung für ihre Prägung und er hat das erforder-
liche Münzmetall zu beschaffen ?!.
Abgesehen daher auch hier von der Anwendung der allgemeinen
strafrechtlichen, disziplinaren, prozefsualischen und polizeilichen Be-
fugnisse auf das Münzwesen, verbleibt den Einzelstaaten auf diesem
Gebiete zwar die rein technische Funktion der Münzprägung, aber
nur in einer jeder Selbständigkeit entbehrenden Gestaltung.
Ill. Die Feststellung und Aufrechterhaltung des Münzsystems
steht in einem notwendigen und untrennbaren Zusammenhang mit der
Ordnung des Papiergeldes. Die R.V. a. 4 Nr. 3 hat daher der Be-
aufsichtigung und Gesetzgebung des Reiches die „Feststellung
der Grundsätze über die Emission von fundiertem
und unfundiertem Papiergelde unterworfen *°*.
Aus dem Wortlaute der Klausel in ihrer Unterscheidung von
fundiertem und unfundiertem Papiergelde, aus dem sachlichen Zusam-
menhange geht unzweifelhaft hervor, dals die Reichskompetenz nicht
beschränkt ist auf das Papiergeld in der technisch-rechtlichen Be-
schränkung des Begriffes auf solche Geldzeichen, welche als allgemeines
Zahlungsmittel gesetzlich anerkannt sind. Vielmehr begreift dasselbe
alle Wertzeichen, welche ihrer Gestaltung nach als unverzinsliche, auf
eine bestimmte Geldsumme lautende Inhaberpapiere die Absicht und
Befähigung haben, wesentliche Funktionen des gemünzten Geldes
als Zahlungs- und Tauschmittels zu erfüllen und damit dasselbe zu
ersetzen.
Auch diese Kompetenz des Reiches ist durch seine Gesetzgebung
in solcher Weise erschöpft, dafs in der Hauptsache jede specifische
Verwaltungsthätiekeit der Einzelstaaten auf diesem Gebiete gegen-
standslos geworden ist.
Die Reichsgesetzgebung hat zunächst den Grundsatz zur Geltung
gebracht, dafs kein Einzelstaat fernerhin berechtigt ist, die Ausgabe
von Papiergeld selbst zu bewirken oder zu gestatten, dafs hierzu viel-
mehr die Ermächtigung kraft Reichsgesetzes erforderlich ist *®.
21 Gesetz vom 4. Dezember 1871 $ 6, vom 9. Juli 1873 a. 4.
22 Vgl. R.V. von 1849 $ 47. Unionsverfassung $ 46 und unten $ 116
Note 2.
23 (tesetz, betr. die Ausgabe von Papiergeld vom 16. Juni 1870 $ 1,
Gesetz, betr. Ausgabe von Reichskassenscheinen vom 30. April 1874 $ 8.