702 II. Buch. Die Reichsgewalt.
Dies trifft dann zu, wenn der Einzelstaat nach Mafsgabe der
88 92, 93 des Unfallversicherungsgesetzes und der entsprechenden
Bestimmungen der Ausdehnungsgesetze für solche Berufsgenossen-
schaften, welche sich nicht über sein Gebiet hinaus erstrecken ??, von
der eingeräumten Befugnis Gebrauch macht, auf eigene Kosten ein
Landesversicherungsamt einzurichten. In diesem Falle ver-
bleiben den Reichsorganen, dem Bundesrat und Reichsversicherungs-
amt, als besondere? Befugnisse nur diejenigen, welche sich auf die
erste Bildung und spätere Umbildungen der Berufsgenossenschaften,
sowie auf die Ergänzung der Genehmigung bei versagter Statuten-
bestätigung beziehen °*. Im übrigen geht die Gesamtheit der dem
Reichsversicherungsamt beigelegten Befugnisse auf das Landesver-
sicherungsamt über. Das gilt insbesondere auch von der Verwaltungs-
gerichtsbarkeit.e. Auch nicht im Interesse der Versicherten bleibt
gegenüber dem Landesversicherungsamt eine Reichsinstanz bestehen,
um die Einheitlichkeit der Rechtssprechung zu verbürgen. Und damit
kommt der der typischen Gestaltung entgegengesetzte Satz zur
Geltung: die Berufsgenossenschaften sind nicht reichsunmittelbare,
sondern landsässige Verbände — ein Satz, aus dem der Übergang
der Garantie für eine aufgelöste leistungsunfähige Genossenschaft auf
den Einzelstaat nur eine natürliche Folgerung ist *®.
3. Zuletzt kann eine letzte Zurückdrängung der Reichskompetenz
stattfinden auf Grund des Gesetzes vom 5. Mai 1886, welcher die
Unfallversicherung auf die land- und forstwirtschaftlichen
Betriebe ausgedehnt hat. Allerdings in thesi gestaltet dasselbe die
Reichskompetenz für die land- und forstwirtschaftlichen Berufsgenossen-
schaften, als reichsunmittelbarer Genossenschaften, genau so, wie für
22 Aus dieser Beschränkung folgt es, dafs für solche Genehmigungsakte oder
Streitentscheidungen, bei welchen eine landsässige und eine reichsunmittelbare
Genossenschaft beteiligt sind, nicht das Landesversicherungsamt eintritt, son-
dern das Reichsversicherungsamt kompetent bleibt. U.V.G. $ 92 al. 3.
23 U.V.G. $$ 12. 13. 14. 15. 20. 31. 32.
24 Aufserdem verbleibt dem Reichsversicherungsamt die Begriffs-
bestimmung der Fabrik — U.V.G. $S 1 al. 5 —, das Regulativ über die Er-
höhung des Krankengeldes — $ 5 al. 9 —, Feststellung des Formulares für
Unfallversicherungsanzeigen — $ 51 —; dem Bundesrat die Dispensations-
befugnis — $ 1 al. 7 —, die Schiedsgerichtsvermehrung — $ 46 —, Bestimmung
des Beginnes und Endes des Rechnungsjahres — $ 77 —. Allein dies sind
Befugnisse, die die allgemeinen Regulativ- und Beaufsichtigungsrechte des
Reiches nicht überschreiten.
> U.V.G. 8 92 al. 4.