Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

62 I. Buch. Die Grundlagen des deutschen Staates. 
Das gilt zuerst von ihrem äufsern zahlenmälsigen Be- 
stande. 
In den deutschen Bund traten nach Mafsgabe der Wiener Kongrels- 
akte vom 9. Juni 1815 — aa. XV bis LII — und der Schlulsregulierung 
des Frankfurter Territorialrecesses vom 20. Juli 1819 39 deutsche 
Staaten ein. Während seiner Dauer verminderte sich ihre Zahl teils 
durch das Aussterben der regierenden Linien in Sachsen - Gotha, in 
Anhalt-Köthen und Anhalt-Bernburg, in Hessen- Homburg, teils durch 
die Abtretung der beiden Fürstentümer Hohenzollern an Preufsen bis 
auf 33. 
Mit der Auflösung des Bundes schieden mit Österreich zu- 
gleich das Fürstentum Liechtenstein und das Grofsherzogtum 
Luxemburg mit dem Herzogtum Limburg! aus jeder engeren Ver- 
bindung mit den andern deutschen Staaten aus. Gleichzeitig führten 
die kriegerischen Erfolge Preufsens, nachdem dasselbe bereits durch 
den Gasteiner Vertrag vom 14. August 1867 das Herzogtum Lauenburg 
erworben hatte, zur Annexion von fünf bis dahin selbständigen Staaten: 
Hannover, Kurhessen, Nassau, Frankfurt a. M., Schles- 
wig-Holstein. Ihre Verfassungen, deren Entwickelung in Hannover, 
Kurhessen und Schleswig - Holstein durch die Gewaltakte teils der 
Staatsstreiche, teils der Fremdherrschaft eine schwere und wechsel- 
volle gewesen war, traten aulser Kraft. Sie haben gegenüber der voll- 
kommenen Einverleibung aller annektierten Staaten in die preulsische 
Rechtsordnung nur noch eine historische Bedeutung. 
Hiernach traten dem norddeutschen Bunde nur noch 22 
Staaten bei. Ihre Verringerung und damit die Vergröfserung‘ Preufsens 
bewirkte eine wesentliche Verschiebung der politischen Machtverhält- 
nisse. Preufsen vereinigte in sich */5 der gesamten Bevölkerung des 
norddeutschen Bundes, mehr als 24 von 30 Millionen. Nur das König- 
reich Sachsen wies eine Ziffer von 2!/s Millionen Einwohner auf. Die 
Bevölkerung fiel alsdann sofort bei Mecklenburg-Schwerin auf etwas 
ınehr als '/s Million, um in 8 Staaten noch nicht 100000 herab bis 
zu 32000 Einwohner zu zählen. Das heifst: mit Ausnahme Sachsens 
konnte kaum noch einem anderen Staate das Mals wirtschaftlicher 
und geistiger Kräfte zugesprochen werden, das den Anforderungen der 
modernen Kultur auch nur an die innere Verwaltung eines Staates 
! Die Anerkennung der Lösung jedes Bandes mit Deutschland, der Ver- 
zicht des preulsischen Besatzungsrechtes in der Festung Luxemburg, die Neu- 
tralisierung des Grofsherzogtumes erfolgte durch den Londoner Vertrag vom 
11. Mai 1867: (Staatsarchiv XIII No. 2743).
	        
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