Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

7130 II. Buch. Die Reichsgewalt. 
recht abgrenzen, welche sie als wesentliche Voraussetzungen für die 
Ordnung des gerichtlichen Verfahrens erachtete.e Sie hat dies in 
eıner dreifachen Reihe von Bestimmungen gethan. 
a. Sie mulste vorerst den gesetzlichen Begriff des „Ge- 
richtes“, als der ausschliefsliich zur Ausübung der ordentlichen 
Gerichtsbarkeit berufenen Behörde, feststellen. Er wurde bestimmt 
teils durch die besondere Stellung der Behörde in der Amtshierarchie, 
teils durch die besondere Qualifikation ihrer Funktionen, -teils durch die 
besondere persönliche Rechtsstellung ihrer Träger. 
Als Gericht gilt reichsgesetzlich nur eine Behörde, welche 
Staatsbehörde im Sinne ausschlieflslicher Personalbestellung durch 
den Staat ist, und welche im Sinne der Trennung der Justiz von 
der Verwaltung nur mit Gerichtsbarkeit und mit Geschäften der 
Justizverwaltung betraut ist. G.V.G. a. 15. E.G.V.G. a. 4. 
Die besondere Qualifikation ihrer Funktionen wird durch den 
Rechtssatz bewirkt, dafs die Ausübung ihrer spezifischen Kompetenz, 
deren Mittelpunkt die Rechtsprechung ist, in unabhängiger, nur dem 
Gesetz unterworfener Weise zu erfolgen hat. G.V.G. a. 1. 
Die besondere persönliche Rechtsstellung ihrer Träger empfängt 
ihren Ausdruck auf der einen Seite in der Ernennung der Richter 
auf Lebenszeit, in dem Bezug festen Gehaltes, in dem Rechte auf 
das Amt und in dem Rechtsweg für ihre vermögensrechtlichen An- 
sprüche aus dem Amte — G.V.G. aa. 6—9 —, auf der anderen 
Seite in den Vorbedingungen für die Fähigkeit zum Amte eines Rich- 
ters, Schöffen, Geschworenen — G.V.G. aa. 2—5. 31ff. S4ff. —. 
b. Die Reichsjustizgesetze haben ferner die Organisation der 
ordentlichen Gerichtsbarkeit geregelt. Es ist dies geschehen durch 
die Bestimmungen des Gerichtsverfassungsgesetzes über den Bestand, 
über die innere Formation und über die hierarchische, nach Mafsgabe 
ihrer örtlichen und sachlichen Kompetenzen sich vollziehende Gliede- 
rung der ordentlichen Gerichte: der Amtsgerichte, einschliels- 
lich der Schöffengerichte, der Landgerichte, einschliefslich der Handels- 
sachenkammern und der Schwurgerichte, der Oberlandesgerichte und 
des Reichsgerichtes. Es ist dies aber auch geschehen durch die teils 
im Gerichtsverfassungsgesetz, teils in der Rechtsanwaltsordnung er- 
folgte Ordnung der beiden Organe, deren Zusammenwirken mit den 
Gerichten nach Malsgabe der Prozefsordnungen notwendig ist: der 
Staatsanwaltschaft und der Rechtsanwaltschaft. 
c. Endlich hat die Reichsgesetzgebung das Gebührenwesen 
im Bereiche der ordentlichen Gerichtsbarkeit geregelt, als der un- 
erläfslichen Voraussetzung, unter welcher die einheitlich geordnete
	        
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