134 II. Buch. Die Reichsgewalt.
von G.V.G. a. 14 vor die Rheinschiffahrts- und Elbzollgerichte, vor
die agrarischen und Gemeindegerichte gehörenden Rechtssachen.
Immer hat die reichsgesetzliche Zulassung eine doppelte Wirkung.
Sie ermächtigt die Landesgesetzgebung zur. Beibehaltung oder Errich-
tung besonderer Behörden in beliebiger Formation, nur dals dieselben
sich als „besondere“ Behörden qualifizieren müssen, also nicht einfach
die Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichte sein dürfen. Sie
ermächtigt aber auch zur Übertragung der besondern Gerichtsbarkeit
auf die ordentlichen Gerichte und zwar unter Abänderung sowohl des
ordentlichen Verfahrens — E.St.P.O. a. 3, E.C.P.O. a. 3 — als
auch der durch das Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Zu-
ständigkeitsnormen, nur dafs die Zuständigkeit des Reichsgerichtes nie-
mals blofs durch Landesgesetz, sondern immer nur durch eine hinzu-
tretende, unter Zustimmung des Bundesrates erlassene kaiserliche
Verordnung begründet werden kann — E.G.V.G. a. 3 al.1 u. 2.
Nur wenn die Landesgesetzgebung weder in der einen, noch in der
andern Form von der Ermächtigung Gebrauch macht, fällt die hypo-
thetische Kompetenz der besondern Gerichte den ordentlichen Ge-
richten, ihren Zuständigkeiten und ihrem Verfahren von selbst anheim.
2. Freier gestaltet sich die Ermächtigung der Landesgesetzgebung,
die grundsätzlich der ordentlich streitigen Gerichtsbarkeit anheim-
fallenden Rechtssachen den Verwaltungsbehörden oder Verwaltungs-
gerichten zu überweisen.
Nur für Strafsachen im technischen Sinne der Reichsgesetz-
gebung und also im Unterschiede von Exekutiv-, Ordnungs- und Dis-
ziplinarstrafen ist auch hier die Ermächtigung eine reichsgesetzlich
streng begrenzte. Für sie darf die Überweisung an jene Behörden
durch die Landesgesetzgebung nur erfolgen bei Straffestsetzungen der
Polizeibehörden wegen Übertretungen — St.P.O. 453 ff. — und bei
Strafbescheiden der Verwaltungsbehörden wegen Zuwiderhandlungen
gegen die Vorschriften über die Erhebung öffentlicher Abgaben und
Gefälle —- St.P.O. 459 ff. — und zwar dergestalt, dals in beiden
Fällen dem Beschuldigten der Antrag auf gerichtliche Untersuchung
und Entscheidung offen gehalten werden mußs°.
Anders in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten. Für sie
ist die Ermächtigung der Landesgesetzgebung zur Überweisung an
Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichte nicht in gleicher Weise
beschränkt.
5 S. Kommissionsprotokolle zum Gerichtsverfassungsgesetz S. 474; Löwe,
StrafprozelsO. zu $ 13. 2. a. In Widerspruch damit Löning, Verwaltungs-
recht S. 788.