Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

138 II. Buch. Die Reichsgewalt. 
welchem Umfange das Reich die Kompetenz zur Gesetzgebung über 
die Rechtspflege besitzt. 
Endlich wird die Bürgschaft gewährt in der Form eines Partei- 
mittels, auf dessen Einlegung und Frledigung jeder Deutsche ein 
verfassungsmälsiges Recht hat; sie ist mithin unabhängig davon, ob 
der Thatbestand sich gleichzeitig als eine Verletzung der Reichsjustiz- 
gesetze darstellt und damit ein Einschreiten des Reiches von Amts 
wegen rechtfertigt. 
Dieser allgemeine Charakter der Beschwerde über ver- 
weigerte oder gehemmte Rechtspflege gestaltet sich nun 
aber im einzelnen, wie folgt: 
1. Die Voraussetzungen, welche das Rechtsmittel begründen, 
sind dreifache. 
a. Zunächst eine „Justizsache“, d. h. eine Sache, für welche 
„Justiz“, gerichtliches Verfahren, gesetzlich gewährt werden 
mufs und also nur unter Verletzung des gesetzlichen Rechtes auf 
richterliches Gehör, auf Verspruch und . Vollstreckung verweigert 
werden kann. 
Der Begriff ist nicht identisch mit den Rechtssachen, welche der 
Kompetenz der ordentlichen Gerichte und damit den Reichsjustiz- 
gesetzen unterliegen; er befalst auch die Rechtssachen, welche den 
„besonderen“ Gerichten überwiesen sind; nur die gesetzlich be- 
sründete Kompetenz der Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichte 
schliefst ihn aus. 
Der Begriff ist auch nicht identisch mit dem theoretischen Unter- 
schied zwischen bürgerlichen Streitigkeiten und Strafsachen einerseits 
und Streitiekeiten des öffentlichen Rechtes andererseits. Vielmehr 
handelt es sich um Justizsachen im historischen Sinne, im Gegensatz 
zu den reinen „Administrativsachen“ und zu denjenigen „Administrativ- 
justizsachen“, deren Entscheidung den Verwaltungsbehörden gesetzlich 
zusteht. Die Justizsachen in diesem Sinne befassen auch Streitig- 
keiten des öffentlichen Rechtes, welche, sei es um des „privatrechtlichen 
Titels“ willen, sei es zur Sicherung gegen Eingriffe in die Privat- 
rechtssphäre, den wahren Privatrechtssachen in der gerichtlichen Instanz 
und im gerichtlichen Verfahren gleichgestellt sind. Ob eine solche 
Justizsache vorliegt oder nicht, das ist „nach der Verfassung und den 
bestehenden Gesetzen des betreffenden Bundesstaates“ ?, d. h. nach 
2 Die Worte begründen keinen Gegensatz zwischen Reichsgesetz und 
Landesgesetz, sowenig als zur Zeit des deutschen Bundes zwischen gemeinem 
Recht und Partikularrecht; sie sollen einer theoretischen Konstruktion der 
Justizsache entgegentreten und zugleich der Landesgesetzgebung über die
	        
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