$ 126. Die Beaufsichtigung des Reiches (Justizrerweigerung. 739
dem in jedem Einzelstaate gültigen Rechte, zu beurteilen. Die in den
gesetzlichen Formen getroffene Entscheidung, dals eine Justizsache im
positivrechtlichen Sinne nicht vorliege und damit der Rechtsweg un-
zulässig sei, schliefst die Beschwerde auch dann aus, wenn die zur
Entscheidung gesetzlich zuständige Behörde nicht das Gericht, sondern
eine besondere Behörde ist?®.
b. Die Beschwerde setzt fernerhin den Thatbestand der Justiz-
verweieerung voraus. Derselbe liegt dann vor, wenn dem sub-
jektiven Rechte des Betroffenen zuwider eine Handlung des zuständigen
Gerichtes nicht vorgenommen oder die vorgenommene Handlung ihrer
den Gesetzen entsprechenden Wirksamkeit beraubt wird. Dies kann
geschehen sowohl durch Verweigerung schlechthin und ausdrücklich,
als durch eine Verzögerung, wenn die letztere sich nicht nur als
eine Verlangsamung, sondern als temporäre oder stillschweigende Ver-
weigerung darstellt. Ausgeschlossen aber ist der Thatbestand der
Justizverweigerung, wenn die Entscheidung des Gerichtes ergangen ist
und die Rechtsverletzung nur auf den Inhalt dieser Entscheidung
gestützt wird. Und zwar gilt dies auch dann, wenn nach der Prozels-
ordnung die Gerichte selbst zu solchen prozelsleitenden Mafsregeln
berufen sind, welche auch ihrerseits der Verweigerung oder Hemmung
der Justiz abhelfen sollen*, und die hierauf gerichteten Parteianträge
durch gerichtliche Entscheidung abgelehnt werden.
Im einzelnen begreift die Justizverweigerung ein Doppeltes.
Sie wird begründet einerseits durch ein gesetzwidriges Verhalten
der Gerichte selbst, als Justizverweigerung im engeren Sinn,
einschliefslich der Justizverzögerung. Hier wird stets zugleich ein
Thatbestand vorliegen, bei dem die Geschäftsaufsicht der Justiz-
verwaltung und das Disciplinarverfahren in Frage steht°.
"Sie wird anderenteils begründet durch „Hemmung der Justiz“
überall da, wo das Verhalten anderer Organe des Staates die gesetz-
liche Thätigkeit der Gerichte verhindert oder ihren Anordnungen und
Entscheidungen die rechtlich geforderte Durchführung verweigert.
Eine solche Hemmung kann durch die mangelhafte, den konkreten
Zulässigkeit oder Unzulässigkeit des Rechtsweges freie Bahn lassen; sie
waren und sind noch jetzt identisch mit „dem in jedem Einzelstaate gültigen
Rechte“.
® Im Verhältnis zu den ordentlichen Gerichten nach näherer Mafsgabe
des G.V.G. a. 17.
* Vgl. CivilprozefsO. 36. Strafprozels0. 15. |
58. Protokolle der Justizkommission des Reichstages zum Gerichts-
verfassungsgesetz S. 144 ff.
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