750 II. Buch. Die Reichsgevalt.
sicht auf die Lage des objektiven Rechtes selbst, teils aus Gründen
der Praktikabilität.
aa. Einen verschiedenen Ausdruck zunächst mulste die Absicht
auf das gemeine Recht nach der Verschiedenheit des Strafrechtes und
des Privatrechtes gewinnen.
a. Für die Ausübung der staatlichen Strafgewalt in Deutsch-
land hat das deutsche Strafgesetzbuch und die Strafprozelsordnung
gemeines Recht und zwar mit ausschlieislicher Geltung geschaffen. ,
Das Partikularrecht ist beschränkt, soviel das materielle Strafrecht
betrifft, auf die einzelnen, von dem Reichsrechte nicht betroffenen
Materien und auf die Androhung von geringeren Strafen !?, soviel das
Verfahren betrifft, auf einzelne durch das Reichsrecht genau um-
schriebene, wesentlich die besonderen Gerichte und das Verwaltungs-
verfahren betreffende Ermächtigungen.
Demgemäls haben die Reichsjustizgesetze die Revision vor das
Reichsgericht gezogen gegen alle Urteile der Schwurgerichte schlecht-
hin und gegen alle diejenigen Urteile der Strafkammern in erster
Instanz, bei welchen die Anfechtung nicht ausschlielslich auf die
Verletzung einer in den Landesgesetzen enthaltenen Norm gestützt
wird !?,
Allerdings bleibt es hierbei aulser Ansatz, dals unter den so be-
stimmten Voraussetzungen im konkreten Falle auch die Verletzung
einer partikulären oder ausländischen Rechtsnorm die Revision be-
gründen kann. Aber der Gesetzgeber zog damit nur einen praktischen
Durchschnitt, der die wesentliche Absicht der Revision auf das ge-
meine Recht nicht verdunkelt.
8. Eine genau umgekehrte Rechtslage stellt das in Deutschland
geltende Privatrecht dar. Bei der ausstehenden Kodifikation beruhen
hier nur einzelne Rechtsteile, in allem wesentlichen diejenigen, für
welche seiner Zeit die Zuständigkeit des Oberhandelsgerichtes be-
eründet wurde, auf Reichsrecht. Dagegen gilt die überwiegende Masse
des Privatrechts in der Form des nach den Einzelstaaten ge-
gliederten Partikularrechtes. Das greift selbstverständlich Platz
bei allem auf der Gesetzgebung der jetzigen Einzelstaaten beruhenden
Privatrechte, wie umfassend auch der Bereich des Einzelstaates sein
mag und obgleich die Grölse desselben innerhalb seines Partikular-
rechtes nochmals den Unterschied zwischen gemeinem und partikulärem,
provinzialem Rechte zulassen mag. Das greift aber auch Platz bei
12 Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch a. 2 al. 2. a. 5.
13 G.V.G. a. 136 No. 2.