Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

1752 I. Buch. Die Reichsgewalt. 
Reichsoberhandelsgerichtes, d. h. für den Teil des Privatrechtes, der 
kraft Reichsgesetzes wahrhaft gemeines Recht bildet!”. 
bb. Nicht aus inneren Gründen, sondern lediglich aus den An- 
forderungen der Praktikabilität entspringen anderweitige Beschränkungen 
der Revision vor dem Reichsgerichte. Sie stützen sich teils auf die 
Notwendigkeit, eine Überlastung des Reichsgerichtes zu verhindern, 
teils auf die Voraussetzung, dals die Rechtsprechung des Reichs- 
gerichtes in allen wichtigeren Rechtsfällen eine genügende thatsächliche 
Autorität bilden werde, um eine übereinstimmende Auffassung des ge- 
meinen Rechtes in allen den minder wichtigen Rechtsfällen herbei- 
zuführen, welche auch in letzter Instanz von den partikulären Ge- 
richtshöfen zu entscheiden bleiben. 
Unter diesen Gesichtspunkten ist im Gebiete des Strafprozesses 
die Revision in allen Schöffengerichtssachen an die Oberlandesgerichte 
verwiesen worden, im Gebiete des Civilprozesses aber die Revision in 
allen Amtsgerichtssachen und bei vermögensrechtlichen Ansprüchen 
regelmälsig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes nicht 
1500 Mark übersteigt, überhaupt versagt worden'?®. Jedoch stellt 
sich da, wo ein besonderes Interesse des Reiches auf einheitliche 
Rechtsprechung auch in den minder gewichtigen Rechtsfällen sich 
geltend macht, die Zuständigkeit des Reichsgerichtes wieder her: auf 
Antrag des Staatsanwaltes nämlich geht die Revision gegen Urteile 
der Strafkammern in der Berufungsinstanz dann an das Reichsgericht, 
wenn es sich um Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften über die 
Erhebung Öffentlicher, in die Reichskasse flielsender Abgaben und 
Gefälle handelt !?. | 
c. Die Revision hat es endlich zum Ziele und im Falle ihrer 
Begründung zum Erfolge, die Feststellung des Bestehens und des In- 
haltes der- Rechtsnorm, deren Anwendung auf den konkreten Rechts- 
fall zur Frage steht, zu bewirken und zwar mit endgültiger Ent- 
scheidungskraft. 
Diese endgültige Entscheidungskraft gewinnt das Revisionsurteil 
in den Fällen, in denen es lediglich der Anwendung des richtig ge- 
stellten Rechtssatzes auf den unangefochtenen oder unanfechtbaren 
Thatbestand bedarf, dadurch, dafs das Revisionsgericht an Stelle des 
aufgehobenen Urteiles in der Sache selbst Recht spricht. Da aber, 
wo die Notwendigkeit anderweitiger Feststellung oder Würdigung des 
17 Eg. G.V.G. a. 8. 
18 G.V.G. aa. 135. 136. CivilprozefsO. aa. 507. 508. 509. 
19 G.V.G. a. 136.
	        
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