Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

$ 127. Das Reichsgericht. 153 
Thatbestandes sich ergiebt und damit die Verweisung an den Vorder- 
richter erforderlich ist, gilt der Rechtssatz, dafs das zur anderweiten 
Verhandlung und Entscheidung berufene Gericht verpflichtet ist, die 
rechtliche Beurteilung, welche der Aufhebung des rechtsverletzen- 
den Urteiles zu Grunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zu 
Grunde zu legen °°. 
Die Feststellung des Bestehens und des Inhaltes der Rechtsnorn 
durch das Reichsgericht ist auch gegenüber der Unabhängieckeit des 
deutschen Richteramtes autoritativ. Nur hierdurch konnten die 
Bürgschaften einheitlicher Geltung gewonnen werden, welche den Ent- 
stehungsgrund des Reichsgerichtes ausmachen. 
2. Wenn auch die Eigenschaft als deutsches Revisionsgericht die 
prozessualische Grundstellung des Reichsgerichtes bezeichnet, so haben 
sich doch darüber hinausgehende Funktionen im Umfange der ordent- 
lichen Gerichtsbarkeit an die Thatsache angeschlossen, dafs dasselbe 
ein oberstes, allen Einzelstaaten, insbesondere allen Oberlandesgerichten 
übergeordnetes Gericht bildet. 
Demgemäls ist das Reichsgericht auch Beschwerdeinstanz, 
nämlich gegen solche, wesentlich den Prozelsbetrieb treffende Ent- 
scheidungen der Oberlandesgerichte in bürgerlichen Rechtsstreitig- 
keiten, welche dem Endurteil vorausgehen und nach Malsgabe der 
Civilprozefsordnung mit dem Rechtsmittel der Beschwerde angegriffen 
werden können, aber auch bei Verlust jedes anderen, diese Entschei- 
dung treffenden . Rechtsmittels, insbesondere auch der Revision, an- 
gegriffen werden müssen". 
Insbesondere aber ist das Reichsgericht berufen zu solchen Ent- 
scheidungen der höchsten Prozefsleitung, welche behufs der Bewirkung 
oder des Fortganges eines richterlichen Verfahrens Anweisungen an die 
Gerichte durch eine den höchsten landesherrlichen Instanzen, 
den Oberlandesgerichten, übergeordnete Gerichtsgewalt erfordern. 
Hierhin gehört die Entscheidung auf Beschwerde gegen ein 
Oberlandesgericht, welches die Unzulässigkeit der Rechtshülfe aus- 
gesprochen hat, wenn das um Rechtshülfe ersuchende Gericht dem 
Bezirke des Oberlandesgerichtes nicht angehört ??. 
Hierhin gehört die Entscheidung über die Ablehnung von Mit- 
gliedern eines Oberlandesgerichtes, wenn dasselbe durch das Aus- 
scheiden der abgelehnten Mitglieder beschlufsunfähig wird °°. 
20 Strafprozel[sO. aa. 394. 398. CivilprozelsO. a. 528. 
21 G.V.G. a. 135. CivilprozefsO. aa. 510. 530. Auch für die Beschwerde 
hat die clausula bajuvarica Geltung. Eg. CivilprozefsO. a. 8. 
22 G.V.G. a. 106. 23 StrafprozelsO. a. 27. Civilproze[sO. a. 45. 
Binding, Handbuch. V. 1: Hänel, Staatsrecht. I. 48
	        
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