Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

$ 128. Die Verwaltungsrechtspflege. 757 
welche die Gewerbeordnung selbst vorschreibt, wenn es sich um die 
Versagung der Genehmigung ‚zum. Betriebe bestimmter Gewerbe, oder 
am Versagung oder Zurücknahme gewisser Legitimationsscheine, oder 
um Zurücknahme von Approbationen, Genehmigungen, Bestallungen, 
oder um Nichtgenehmigung der Statuten oder die Schliefsung von 
Innungen handelt — sie sind ‚zweifellos Anwendungsfälle einer 
wahren Verwaltungsrechtspflege®. Denn hier überall handelt es sich 
um Anwendung specialisierter Gesetzesklauseln. 
Und dassellbe gilt von der Ausdehnung des Verfahrens des s 21 
der Gewerbeordnung auf andere Verwaltungsgebiete. So nach Mafs- 
gabe des Gesetzes über die eingeschriebenen Hülfskassen 
7. April 1876 
1. Juni 1884 ° 
um Abänderung ihres Statutes, üm Bescheinigung ihrer Befähigung, 
den Ersatz für eine Zwangskasse zu bilden, um Schliefsung einer 
Kasse, um die im Wege der Beaufsichtigung gegen Mitglieder des 
Vorstandes, der Verwaltungsstellen, gegen Liquidatoren’ behufs Er- 
füllung ihrer gesetzlichen Pflichten angedrohten und festgesetzten 
Geldstrafen oder sonstigen Zwangsmittel handelt®. So nach dem Ge- 
setz über die Krankenversicherung vom 15. Juni 1883, welches 
da, wo das Partikularrecht ein Verwaltungsstreitverfahren nicht kennt, 
den Rekurs gegen die Versagung der Genehmigung des Kassenstatutes 
einer Orts-, Betriebs- oder Baukrankenkasse, sowie den Rekurs gegen 
die Verfügung auf Schliefsung oder Auflösung einer Orts- oder Be- 
triebskrankenkasse nach Mafsgabe der Bestimmungen der Gewerbe- 
ordnung ordnet‘. 
vom wenn es sich um die Zulassung einer Hülfskasse, 
kann, wenn die gesetzlich bezeichneten Thatbestände der Gefahr, Benach- 
teiligung, Belästigung von Nachbarschaft und Publikum vorliegen; hier ist 
die Entscheidung über Gewährung der Genehmigung Rechtsanwendung und 
beziehentlich Rechtssprechung, obgleich der Thatbestand der Gefahr, Benach- 
teiligung, Belästigung nur in. technischer, freier Würdigung aller einschlagen- 
den Verhältnisse festgestellt werden kann. Oder aber die Auffassung ist die 
andere: dals es von der freien Würdigung der thatsächlichen Verhältnisse 
unter dem Gesichtspunkte der Gefährlichkeit, Benachteiligung, Belästigung 
abhängen soll, ob die Verwaltungsbehörde ein unmittelbar kraft Gesetzes 
nicht zustehendes Recht auf Herstellung der gewerblichen Anlage.im ein- 
zelnen Falle gewähren will oder nicht; hier liegt zweifellos nur eine Er- 
messenssache, eine Beschlufssache im Sinne des preufsischen Rechtes vor. In 
der positivrechtlichen Behandlung überwiegt die letztere Auffassung. 
2 S. Gewerbeordnung $$ 40. 42b. 43. 44a. 54. 63. 98b. 108. 
32 88 4. 29. 33 des Hülfskassengesetzes. 
* 824 cl. SS 64. 72 und 847 cl.$ 68 des Krankenkassengesetzes. Aufser- 
dem schreibt $ 58 gewisse Rechtsstreitigkeiten der Entscheidung im partikular-
	        
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