$ 7. Die Verfassungen der Einzelstaaten. 65
einer städtischen Gemeindeorganisation mit staatlichen Funktionen.
Ihre Verfassungen sind in ihrer heutigen Gestalt bestimmt
für Lübeck durch Gesetz vom 5. April 1875,
für Hamburg durch Gesetz vom 13. Oktober 18798,
für Bremen durch das Gesetz vom 21. Februar 1854, welches
durch die Redaktion vom 17. November 1875 und weitere
Specialgesetze (1. Dez. 1878, 27. Mai 1879, 8. Nov. 1882) er-
gänzt ist°.
Die andern 20 monarchisch organisierten Einzel-
staaten haben eine in den grolsen Grundzügen übereinstimmende
Entwickelung ihrer Verfassungen erfahren, die, zunächst verursacht
dureh die Auflösung des deutschen Reiches und die territorialen Um-
wälzungen, alsdann an Art. 14 der deutschen Bundesakte anknüpft.
Sie hat sich in einer dreifachen Richtung vollzogen.
Zunächst: Die Landeshoheit konsolidierte sich zu einer
wahren Staatsgewalt. Das Wahrzeichen hierfür war die Prokla-
mierung der Suveränetät durch den Prefsburger Frieden und die Rhein-
bundsakte.e. War die Landeshoheit ihrer historischen Entwickelung
gemäfs ein Konglomerat von verschiedenartigen Rechten, von ver-
liehenen staatlichen Hoheitsrechten, von Grund- und Schutzherrschaft,
von hausgesetzlicher Familiengewalt, so duldete und bewirkte es ihre
in diesem Sinne zufällige Natur, dafs die verschiedenen Landesteile
in der Hand desselben Landesherrn eine durchaus verschiedene Rechts-
stellung einnahmen. In dem Augenblicke, in dem der Landesherr sich
die „Fülle der Suveränetät“ über „alte und neue Landesteile“ zu-
sprechen liels, mulste die Zusammenfassung des gesamten Landes unter
einer Verfassung zum leitenden politischen Gesichtspunkt werden.
Es erfolgte sodann die Umwandelung der historisch überkommenen
Schichtungen der Gesellschaft, die mit der Aufhebung der Leibeigen-
schaft, mit der Lösung der grundherrlichen und schutzherrlichen Ab-
hängiskeitsverhältnisse, mit der Beseitigung der Zunftverfassung in
den Städten zersetzt wurden. Es bildete sich eine von den alten
ständischen Gliederungen losgelöste Staatsangehörigkeit zu gleichem
Rechte, ein einheitliches Staatsbürgertum.
Hand in Hand damit ging endlich die Umbildung der altland-
" Klügmann, Staatsrecht der freien und Hansestadt Lübeck, in Mar-
quardsen, Handb. d. öffentl. Rechts, II. Bd., 2. Halbbd., 3. Abt. S. 37 ff.
8 J. Wolffson, Staatsrecht d. freien und Hansestadt Hamburg, ib. S. 1 ff.
von Melle, Das hamburgische Staatsrecht, 1891.
° H. Sievers, Das Staatsrecht der freien Hansestadt Bremen, in Mar-
quardsen |. ce. S. 65 ff.
Binding, Handbuch V. 1: Hänel, Staatsrecht. 1. >