Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

810 II. Buch. Die Reichsgewalt. 
stellung an die Hansestädte war nach Wortlaut und Sinn nicht eine 
Beseitigung der Bundeskompetenz über das Zoll- und Handelswesen 
im Bereiche dieser Einzelstaaten, sondern eine darauf hin gewährte 
besondere Einrichtung, welche nur die Suspendierung der Ausübung 
bestimmter Befugnisse des Bundes bewirkte; nur freilich, dals die 
Dauer derselben in die freie Entschliefsung der Bevorzugten selbst 
gestellt wurde. 
Auch hier haben erst die süddeutschen Verfassungsverträge Be- 
vorrechtungen einzelner Gliedstaaten gegenüber der Reichskompetenz 
in voller Durchbrechung des Grundsatzes der Gleichheit geschaffen. 
Es sind dies vom Standpunkte des objektiven Rechtes die „Exem- 
tionen“, denen vom Standpunkte des subjektiven Rechtes die „Re- 
servatrechte“ entsprechen. 
Dieselben sind materiell Ausnahmen, Privilegien. Denn 
es ist zweifellos sowohl im Vergleiche mit der norddeutschen Ver- 
fassung als auch nach Malsgabe der Formulierung derselben, ihrer 
Stellung und ihres Wortlautes im Texte der Verfassung, dafs die 
Gemeingültigkeit der Reichskompetenz Grundsatz und 
Regel ist. Die Exemtionen unterliegen deshalb den Interpretations- 
regeln aller Ausnahmebestimmungen. Sie dulden eine analogische 
Anwendung nicht und sie fordern die Anwendung des gemeingültigen 
Rechtes überall da, wo nicht der besondere Nachweis seines beabsich- 
tigten und erkennbar gemachten Ausschlusses geführt werden kann. 
Formell teilen die Exemtionen die Natur aller Kompetenz- 
bestimmuneen. Sie sind nach der Natur des Bundesstaates, wie sie 
das positive Recht Deutschlands bewährt, Verfassungsbestim- 
mungen. Denn ganz selbstverständlich bedarf es, un eine Aus- 
nahme von einem gemeingültigen Rechtssatze zu bewirken, eines mit 
diesem letzteren gleichwertigen Rechtssatzes, mag derselbe eine Vor- 
schrift sein oder aber eine Ermächtigung enthalten, um jene Ausnahme 
durch irgend einen öffentlichen Rechtsakt zu begründen. 
Hieraus folgt denn aber: 
1. Alle Reservatrechte können die zu ihrer Rechtsgültigkeit 
erforderlich objektivrecehtliche Begründung nur finden 
entweder in einer Bestimmung der Reichsverfassung, sei 
dies der ursprüngliche Text oder eine durch besondere Bezugnahme 
zu einem Bestandteile des Textes erhobene Bestimmung”, sei dies 
ein späteres, in den Formen der Verfassungsänderung ergangenes 
Gresetz, 
? So R.V. a. 40, Schlufsbestimmung zum XI. Abschnitt.
	        
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