Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

812 II. Buch. Die Reichsgewalt. 
der gemeingültigen Reichskompetenz zu hemmen, wenn und solange 
der bevorrechtete Einzelstaat an dem ihm eingeräumten Reservat- 
rechte festhält. Auch hier kann die bedingte Verfassungsbestimmung 
als solche nur im Wege des Verfassungsgesetzes geändert werden. 
Dagegen läfst in diesem Falle der rechtsgültig geleistete Verzicht auf 
das subjektive Recht die gemeingültige Kompetenz des Reiches, durch 
die Erfüllung der in der Verfassungsbestimmung selbst vorgesehenen 
Bedingung, ohne weiteres eintreten. Ja, es muls behauptet werden, 
dafs hierfür der einseitige Verzicht des privilegierten Einzelstaates 
genügt; das Reich hat nicht das Recht, einen solchen Verzicht seiner- 
seits zurückzuweisen. 
b. Dagegen ‘können die auf den Nebenverträgen beruhenden 
Exemtionen als solehe nur im Wege des Vertrages aufgehoben oder 
geschmälert werden. Hier jedoch ausnahmslos dergestalt, dals der 
einseitige Verzicht des bevorrechtigten Einzelstaates auf sein Reservat- 
recht ohne weiteres die nur durch das subjektive vertragsmälsige 
Recht gehemmte gemeingültige Reichskompetenz herstellt. 
& 139. 
Die einzelnen Exemtionen. 
Die Exemtionen im einzelnen gruppieren sich je nachdem sie auf 
Verfassungsbestimmungen oder auf den Nebenverträgen beruhen. Aber 
sie weisen auch innerhalb dieser Gruppen Verschiedenheiten auf. 
I. Die „Vorschriften der Reichsverfassung, durch welche be- 
stimmte“ — hier die gemeingültige Kompetenz des Reiches schmä- 
lernde — „Rechte einzelner Bundesstaaten in deren Verhältnis zur 
Gesamtheit festgestellt sind“, haben ihrem Inhalte nach eine ver- 
schiedene Tragweite. 
1. Zu einem Teile eximieren sie bestimmte „Angelegenheiten“ 
von der Kompetenz des Reiches überhaupt und schlechthin. Sie über- 
weisen alsdann gegen das gemeingültige Recht die „Angelegenheit“ 
der selbständigen Rechtssphäre der Einzelstaaten. Hierhin gehören 
die folgenden: 
a. Die unbedingte Exemtion Bayerns, Württembergs und 
Badens von dem Rechte des Reiches über die Besteuerung des 
inländischen Branntweines und Bieres, sowohl rücksichtlich 
der Beaufsichtigung und Gesetzgebung als rücksichtlich der Bestim- 
mung dieser Stoffe zur Reichsbesteuerung!. Sie hat authentische 
18.866 sub J, ı.
	        
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