$ 140. Der Schutz der Reservatrechte. 815
II. Die auf den Nebenverträgen zu den Verfassungsver-
trägen von 1870 beruhenden Exemtionen sind die folgenden vertrags-
mälsigen Zusicherungen:
l. für Bayern,
dafs die vom Bunde zu erlassenden gesetzlichen Bestimmungen
über das Immobiliarversicherungswesen in diesem Einzel-
staate nur mit Zustimmung der bayerischen Regierung Geltung er-
langen können — Bayerisches Schlufsprotokoll vom 23. November
1870. IV. —;
2. für Württemberg,
dals die Einwirkung des Reiches zur Herbeiführung des Ein-
pfennigtarifes auf den deutschen Eisenbahnen nach R.V. a. 45 nicht
auf alle daselbst aufgeführten Transportartikel anwendbar sei'?,
dafs die Ausdehnung der Reichsgesetzgebung über die Vorrechte
der Post auf den internen Verkehr Württembergs von der Zustim-
mung dieses Staates abhängen soll, wenn dadurch die bisher in der
Gesetzgebung Württembergs begründeten Vorrechte erweitert werden !?
— Württembergisches Protokoll vom 25. Nov. 1870, 2 und 3 — '*.
$ 140.
Der Schutz der Reservatrechte.
I. Wie alle gemeingültigen Verfassungsbestimmungen über die
Kompetenzen des Reiches selbstverständlich das subjektive Recht der
Einzelstaaten begründen auf Einhaltung der Begrenzung der beider-
seitigen Rechtssphären, so begründen nicht minder die Exemtionen
das subjektive Recht der privilegierten Einzelstaaten auf Achtung
die Ansicht Labands, Staatsr. d. d.R. I 112, $ 3 des Gesetzes vom 26. No-
vember 1871, wonach die Kompetenz der Normaleichungskommission für
Bayern ausgeschlossen ist, und $ 47 des Bankgesetzes vom 14. März 1875,
wonach Bayern befugt ist, einer Notenbank die Konzession zur Ausgabe von
Banknoten bis zum Höchstbetrage von 70 Mill. Mark zu erteilen. Denn hier ist
nirgends die Äbsicht auch nur andeutungsweise verlautbart, dafs durch die
besonderen Bestimmungen die verfassungsmäfsige Kompetenz des Reiches
zur einfachen Gesetzgebung über das Mafs- und Gewichts- und Bankwesen
zu gunsten Bayerns eingeschränkt werden sollte.
125.8 112 sub I. 13 5.8 69 Note 12.
14 Die für Baden und Hessen in No.3 und 5 der badisch-hessischen Ver-
handlung vom 15. November 1870 erteilten Zusicherungen sind erledigt; die
No. 4 derselben enthält nur die Anerkennung der Fortdauer der, irgend eine
Reichskompetenz nicht berührenden Verträge, welche die fiskalische Aus-
einandersetzung beim Übergang des Post- und Telegraphenwesens Hessens
auf den Bund regelten.