Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

$ 141. Die Entwickelung des Reichslandes. 825 
Bundesverfassungen nur die Unionsverfassung von Nord- 
amerika einen Vorgang. Hier hatten schon zur Zeit der Kon- 
föderation die meisten Staaten, nach Annahme der Verfassung auch 
noch Nordkarolina und Georgien, alle die Ansprüche, die sie auf das 
junefräuliche Land westlich ihrer Grenzen erheben mochten, auf die 
Gesamtheit der Union übertragen. Das Gebiet wurde weiterhin durch 
die Erwerbungen Lousianas (1803), Floridas (1819), der mexika- 
nischen Gebietsteile (1848) und des russischen Alaska (1867) gewaltig 
vergröfsert. In der Verfassung — art.. IV sect. 3 al. 2 — war. in 
diesem Betracht dem Kongresse die Gewalt beigelest, alle erforder- 
lichen Bestimmungen zur Regelung des „Territory“ zu erlassen ’?. 
Es ist dies in grundsätzlicher, die späteren Specialgesetze beherr- 
schender Weise, wenn auch ursprünglich nur auf das nordwestlich 
vom Ohio belegene Land. berechnet, durch die Ordinance vom 13. Juli 
1787 geschehen, die auf dem ersten Kongrels bestätigt und durch 
Kongrefsakte vom 7. August 1789 ergänzt wurde. Sie gewährte der 
Union das Recht, den Territorialbesitz nach ihrem Ermessen zu 
gliedern und alle Rechte der Staatsgewalt in demselben auszuüben, 
welche nach Lage der Verhältnisse erforderlich sind. Sie unter- 
scheidet zu dem Ende verschiedene Entwickelungsstufen. Anfänglich 
unterstellt sie das Territor ausschliefslich den vom Präsidenten .mit 
Zustimmung des Senates bestellten Organen (Gouverneur, Sekretär, 
Richtern). Sie gewährt sodann bei Anwachsen der Bevölkerung auf 
5000 volljährige. Männer die Wahl einer Volksvertretung, welche zu- 
sammen mit dem Gouverneur und einem vom Kongresse bestellten Ge- 
setzgebungsrate die Gesetzgebung ausübt, aber es bleibt nicht nur alle 
gemeingültige Bundeskompetenz auch für das Territor vorbehalten, 
sondern der Kongreils kann auch jederzeit in die territoriale Gesetz- 
sebung eingreifen. An letzter Stelle aber — der Norm nach sobald. 
das Territor 60000 Einwohner zählt — ist es das vorgesehene Ziel 
der Ordinance und ist es auch die Absicht der Unionsverfassung 
selbst, welche die Befuenisse über die Territorien den Vorschriften 
über die Bildung neuer Staaten unterstellt, dafs aus dem Territor 
unter den Bedingungen, die der Kongreis vorschreiben mag, und 
dureh besondere Aufnahmeakte desselben neue Staaten mit allen ver- 
fassungsmälsigen Rechten der alten Staaten gebildet werden. Der 
? Die Anwendbarkeit der Bestimmung auf die später erworbenen Territorien 
ist freilich bestritten worden, aber alsdann die Kongrelskompetenz auf andere 
Ermächtigungen der Verfassung gestützt worden. Pomeroy, Constitutional law 
ss 496 ff. v. Holst, Staatsr. d. V. St. S. 95 ff. Rüttimann, Das nord- 
amerikanische Bundesstaatsr. III 231 f.
	        
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