$ 142. Die Verfassung des Reichslandes. 33l
Ein Eingreifen des Reichstages findet durch nachträgliche
Genehmigung nur statt bei kaiserlichen Verordnungen mit gesetzlicher
Kraft, welehe auch jetzt noch nach näherer Malsgabe des $ 8 des
Gesetzes vom 25. Juni 1873 der Kaiser mit Zustimmung des Bundes-
rates erlassen kann, während der Reichstag nicht versammelt ist.
II. Die Organisation des Reichslandes weist es hiernach auf, dals
die Handhabung der Staatsgewalt in den Landesangelegenheiten
an andere Organe gebunden ist, als es die Handhabung der gemein-
gültigen Kompetenzen im Reiche überhaupt und in Anwendung auf
Elsals-Lothringen ist. Andere sind die Organe, weil sie entweder
ausschliefslich mit Landesangelegenheiten befalst sind oder weil, wenn
der Formation nach dieselben, sie es doch in einer anderen Ordnung
ihrer Zuständigkeiten und in anderen Formen des Zusammenwirkens
sind, als dies für die gemeingültige Reichskompetenz verfassungs-
mälsig ist.
Aber nichtsdestoweniger und in der Hauptsache — auch die
anderen Organe sind ausnahmslos und ausschliefslich Organe des
Reiches. Nirgends und an keinem Punkte ist ihnen eine rechtliche
Bedeutung beigelest, welche sie als Organe eines von dem Reiche ver-
schiedenen politischen Gemeinwesens Elsals-Lothringen betrachten lälst.
Alle „landesherrlichen“ Rechte sind von Anfang an und ununter-
brochen dem Kaiser als solchen, d. h. als Organe des Reiches, bei-
gelest. Nirgends läfst sich ein Vorgang nachweisen, der eine vom
Kaisertum rechtlich unterschiedene Landesherrlichkeit dem Kaiser als
einem von dem Reichsorgane verschiedenen Organe des Einzelstaates
oder auch nur eines irgendwie sonst konstituierten korporativen Ver-
bandes Eilsafls-Lothringen beigelegt hätte. Ist dies aber der Fall, dann
können auch sämtliche Behörden und Beamten, administrative und
gerichtliche, in allen Landesangelegenheiten irgend eine Kompetenz
nur ausüben im Namen und unter der Autorität des Kaisers und
damit des Reiches. Sie sind Reichsbeamte ohne alle und jede
Ausnahme. Sie sind dies darum nicht minder, weil das Reichsbeamten-
gesetz vom 31. März 1873 für die mit Landesangelegenheiten betrauten
Beamten als ein besonderes Gesetz — Gesetz vom 23. Dezember
1873 — mit den erforderlichen Modifikationen und Ergänzungen ein-
geführt worden ist.
Der Landesausschufs für Elsals-Lothringen ist ein kollegiales
Organ, das seiner Bildung, seiner Besetzungsweise und seinem ver-
fassungsmälsigen Berufe nach die Vertretung der elsals-lothringischen
Bevölkerung in den Landesangelegenheiten genau in der nämlichen
Rechtsstellung zu führen hat, wie der Reichstag in den Reichsangelegen-