$ 142. Die Verfassung des Reichslandes. 835
überhaupt nicht Gegenstand der Landesgesetzgebung, sondern aus-
schließlich Gegenstand der Reichsgesetzgebung. Es besteht kein
irgendwie konstituierter Verband Elsals-Lothringen, welcher die Ver-
fassung im Unterschied vom Reiche als sein eigenes Recht ansehen
könnte.
Ja selbst das Recht zur Landesgesetzgebung innerhalb der
Grenzen der jetzt für Elsafs-Lothringen bestehenden Verfassungsgesetze
ist nicht ein verfassungsmälsiges Recht der hierzu berufenen besonderen
Reichsorgane, welches nur im Wege eines die elsals-lothringische Ver-
fassung abändernden Gesetzes beiseite gesetzt oder eingeschränkt
werden könnte. Vielmehr ist der Erlafs von „Landesgesetzen“
im Wege der Reichsgesetzgebung jederzeit und ohne irgend
welche gegenständliche Beschränkung, mithin auch einschliefslich des
jährlichen Landeshaushaltsetats vorbehalten und zwar mit der Wir-
kung, dals die so erlassenen Landesgesetze nur durch Reichsgesetze
abgeändert werden können‘.
Nach dem allen ist Elsafs-Lothringen keine staatliche Gliederung
des Reiches’, ja es bildet nicht einmal — was es auch ohne wesent-
liche Veränderung seiner Rechtsstellung thun könnte — einen reichs-
unmittelbaren Selbstverwaltungskörper. Es ist Reichsland in dem
Sinne, dafs, unbeschadet der konstitutionellen Beschränkungen, die ihm
im Interesse der Bevölkerung für die Landesangelegenheiten aufgelest
sind, das Reich schlechthin den Staat in Elsafs-Lothringen bildet. Das
Reich ist in der territorialen Beschränkung auf Elsafs-Lothringen nicht
ein Staatswesen in der Weise des Bundesstaates, sondern in der
Weise des Einheitsstaates. Die Reichsgewalt ist in Elsafs-Lothringen
trotz ihrer verschiedenen Organisation je nach Reichs- und Landes-
angelegenheiten die konsolidierte Staatsgewalt des Ein-
heitsstaates.
* Reichsgesetz vom 2. Mai 1877 $ 2. Auch bei Versagung der Decharge
der Landeshaushaltsrechnung durch den Landesausschufs kann der Reichstag
die Decharge bewirken.
5 Vollkommen richtig ist es daher, dafs nach Mafsgabe des R.V. a. 6
eine Vertretung des Reichslandes im Bundesrate unmöglich ist. Nur würde
selbstverständlich an der Natur des Reichslandes auch nicht das mindeste
geändert, wenn durch Verfassungsänderung dem Kaiser, als dem Hauptorgane
für die elsafs-lothringischen Landesangelegenheiten, eine Stimme im Bundes-
rate eingeräumt würde.