840 Il. Buch. Die Reichsgewalt.
II. Die erworbenen Kolonieen, die „Schutzgebiete“, haben durch
die einschlagenden Gesetze und Verordnungen ihre Organisation
dahin empfangen, dafs an oberster Stelle die „Schutzgewalt“ dem
Kaiser zusteht.
In der centralen Instanz liegt die Verwaltung dem Reichs-
kanzler und der Kolonialabteilung des auswärtigen Amtes ob.
Ihr ist als sachverständiger Beirat ein Kolonialrat beieeordnet
worden”.
Die lokale Organisation ist für jedes der Schutzgebiete
eine gesonderte. |
An der Spitze desselben steht ein Gouverneur oder Kom-
missar — für Togo ein besonderer Kommissar in Unterordnung
unter den Gouverneur von Kamerun — mit dem erforderlichen Be-
amtenpersonal (Kanzler, Sekretäre, Dolmetscher, Bezirksamtmänner,
Zollverwalter, Lehrer, Amtsdiener), mit Schutz- und Arbeitertruppen. Für
Platz, wenn es sich nicht um Rückwirkungen auf das Recht des Inlandes
handelt, sondern das Verordnungsrecht. Zunächst ist es in keiner Weise Ab-
sicht des a. 2, das Gesetzgebungsrecht gegen irgend welches Verordnungsrecht
abzugrenzen; vielmehr besagt derselbe nur, dafs das Reich für seine Kom-
petenz die Gesetzgebung innerhalb des Bundesgebietes ausübt, genau so,
wie es der Einzelstaat für seine Kompetenz innerhalb seines Gebietes thut;
die Frage, wieweit ein Akt der innerhalb des Bundesgebietes ausgeübten
Reichsgesetzgebung rechtliche Wirkungen auch auf im Auslande begründete
Thatbestände (Gesetzgebung über Konsulatswesen, über das Schiffahrtswesen
auf hoher See) ausüben könne, wird dadurch in keiner Weise berührt. In der
Hauptsache aber bleibt es auch bei dieser Deduktion dabei, dafs der Wortlaut
des a. 4, ı, der nun einmal auf Kolonisation geht, dadurch weginterpretiert
wird. Und dies geschieht, ohne die Frage aufzuwerfen, ob denn nicht ein
Gesetz, welches die einheimische Staatsgewalt zur Gründung und Regierung
einer Kolonie ermächtigt und damit diese Staatsgewalt selbst zu seinem
Gegenstande hat, eine innerhalb des Bundesgebietes wirksame Regelung
ist, auch abgesehen von den notwendigen eingreifenden Rückwirkungen der
Kolonialverhältnisse auf das Inland, insbesondere auch im Militär-, Marine-,
Finanz-, Beamtenwesen. — Noch auffälliger ist es freilich, wenn Laband,
Staatsr. d. d. R. I 793, diejenigen, die das Wort, Gesetzgebung“ in R.V. a. 4
als geschrieben und mithin die Mitwirkung der gesetzgebenden Faktoren zur
Regelung der deutschen Kolonisation kraft dieses Artikels als notwendig be-
trachten, des „Trugschlusses“ zeiht. Denn schliefslich kommt auch er in ge-
wundenen Deduktionen, die sorgfältig den Wortlaut der Verfassung aufser
Acht lassen und vorsichtig jede Auskunft über die Bedeutung der Verfassungs-
worte: „Der Gesetzgebung unterliegen die Bestimmungen über die Koloni-
sation“, vermeiden, zu dem Resultate, dafs ein Reichsgesetz behufs Ordnung
der Rechtszustände in den Schutzgebieten notwendig war.
? Kaiserlicher Erlafs vom 10. Oktober 1890 und Ausführungsverfügung
des Reichskanzlers desselben Datums (Centralbl. S. 339).