8 145. Die organisatorische Verteilung der Kolonialgewalt. 849
Sie steht immer nur den Organen des Reiches als solchen. zu.
Sie gewinnt. die Natur einer Herrschaft nur durch diejenigen
Rechts- und Machtmittel, welche dem Reiche zustehen; nur mittels
derselben und unter ihrem Schutze können auch in den Schutz-
gebieten besondere Organisationen und Einrichtungen getroffen und
Quellen staatswirtschaftlichen Einkommens eröffnet werden.
Sie flielst, wie jede andere Thätigkeit des Reiches, insofern sie
Beziehungen zu auswärtigen Mächten stiftet, mit den allgemeinen
völkerrechtlichen Befugnissen des Reiches zusammen.
- Mit dem allen unterliegt die Kolonialgewalt überall, wo es sich
um die Beziehungen des Reiches zu seinen Schutzgebieten und deren
Bevölkerung. handelt, dem Staatsrechte des Reiches. Sie kann
insbesondere an keinem Punkte und in keiner Beziehung als eine
von dem Reiche losgelöste und ihm gegenüber selbständige Gewalt
betrachtet werden, welche namens irgend eines von dem Reiche unter-
schiedenen, für ein Schutzgebiet oder dessen Teile konstituierten
korporativen Verbandes und im Interesse oder. zu Lasten irgend
welcher, auch nicht andeutungsweise zu bestimmenden Mitglieder
eines sölchen. Verbandes ausgeübt werden könnte®. Nach 8 1 des
Schutzgebietsgesetzes ist zum Überflusse die kaiserliche Schutzgewalt
zur Ausübung irgend eines Rechtes ausschlielslich und allein „im
Namen des Reiches“ ermächtigt.
Die Kolonialgewalt ist daher schlechterdings nichts anderes als
die Reichsgewalt selbst in Ausübung einer dem Reiche verfassungs-
mälsig zugeschriebenen Kompetenz, welche nach. der besonderen Natur
der ihr gestellten Aufgabe sich auf ein aufserhalb des „Bundesgebietes“
belegenes Gebiet erstreckt und einen besonderen Inhalt gewinnt.
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Die organisatorische Verteilung der Kolonialgewalt.
Durch das Schutzgebietsgesetz ist dem Kaiser die „Schutz-
gewalt“ in den deutschen Schutzgebieten zur Ausübung im Namen
des Reiches zugeschrieben.
Aber die kaiserliche Schutzgewalt ist nicht die Gesamtheit der
Rechte, welche als Kolonialgewalt dem Reiche über die Schutz-
gebiete und in denselben zusteht. Sie ist nur ein Segment der
8 G. Meyer, Staatsrechtliche Stellung S. 87: „Sie“ — die deutschen
Schutzgebiete — „besitzen weder eine völkerrechtliche, noch eine staatsrecht-
liche, noch eine privatrechtliche Persönlichkeit.“ Ebenso Jo&l, Hirths Ann.
1887 S. 211. 212; v. Stengel, Hirths Ann. 1889 S. 72.
Binding, Handbuch. V. 1: Hänel, Staatsrecht. I. 94