78 I. Buch. Die Grundlagen des deutschen Staates.
wirtschaftliche Versorgung der Gesellschaft in Erzeugung, Umsatz und
Verteilung der wirtschaftlichen Güter.
Il. Den gesellschaftlichen Zusammenhängen der freien Anpassung
stehen als zweite Kategorie der Verbindungsweisen die Herrschafts-
oder Autoritätsverhältnisse zur Seite.
In denselben giebt die Willensbestimmung einer Autorität den
ausreichenden Grund ab, um den Willen anderer unangesehen ihrer
eigenen Wertschätzungen inhaltlich zu bestimmen.
Sie bilden einen eigentümlichen psychologischen Thatbestand, wenn
die innere Bewulstseinslage der Beteiligten und die Bedingungen, welche
sie erzeugen, in Betracht gezogen werden. Sie sind eine besondere
rechtliche Erscheinung, wenn sie als bindende Regel für das gesell-
schaftliche Verhalten der Beteiligten Anerkennung finden. Sie be-
wirken es, dafs die Zusammenordnung und das Zusammenwirken der
aufeinander Bezogenen auf den leitenden Befugnissen des herrschenden
Subjektes beruht.
Diese Herrschaftsverhältnisse weisen aber wiederum in der histo-
rischen Entwicklung und in dem Bestande jeder Volksgemeinschaft
verschiedenartige, besonders charakterisierte Formen und zwar zwei
Gruppen derselben auf.
1. Die erste Gruppe wird gebildet durch die Herrschafts-
verhältnisse der persönlichen Ergänzung. Sie begreift
diejenigen Verbindungsweisen, in denen die bedurfte und gewährte
wechselseitige Ergänzung der Beteiligten unmittelbar von Person zu
Person in einer herrschaftlichen Ordnung bewirkt wird.
a. Ihr Prototyp, das für alle menschliche Gesellschaft voraus-
gesetzte und darum in allem Wechsel der Zeiten und Formen sich
.behauptende Herrschaftsverhältnis ist der Familienverband. Vom
Standpunkt einer äulsern, überschauenden Betrachtung aus mag
man die Erzeugung und die physisch-geistige Aufzucht der Nach-
kommenschaft als gemeinschaftlichen Zweck der daran Beteiligten
bezeichnen. Allein die innere Struktur der Familie ist bedingt durch
die individuellen Unterschiede der Erwartungen und Erweisungen
jedes ihrer Mitglieder. Sie beruht anf der besondern geschlechtlichen
Ergänzung des Mannes an der Frau und der Frau an dem Manne,
auf der besondern Ergänzung, die dem Triebe der Erzeuger entspricht,
das eigene Fleisch und den eigenen Geist in der erzeugten Generation
fortgepflanzt zu sehen, auf dem besondern Bedürfnis endlich der
physisch und geistig Unreifen auf Schutz und Vertretung durch die
zu selbständiger Lebensführung Herangereiften. In dieser natürlichen