$ 10. Der Gemeinzweck. 81
— positivrechtliche Übergangs- und Mischformen den reinen Typus
verdecken und modifizieren.
Der korporative Verband ist eine Organisationsform, die sich den
mannigfachsten Lebensinteressen anschmiegt, deren gesellschaftliche
Verfolgung einer planmäflsigen Leitung zugänglich und bedürftig ist.
In umfassender Weise stellt sie sich in den Dienst der Privat-
wirtschaft. Bald wird in der Form der Aktiengesellschaft oder Produktiv-
genossenschaft ein privatwirtschaftliches Unternehmen betrieben, bald
wird in den sonstigen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften den
vereinzelt bleibenden Privatwirtschaften eine bestimmte Unterstützung
gewährt, bald wird in der Form der „älteren deutschen Genossenschaft“,
deren Vorbild die Markgenossenschaft bildet, das planmälsige Zusammen-
wirken und Ineinandergreifen aufeinander angewiesener Privatwirt-
schaften geordnet und geleitet.
Aber derselbe Typus ist es auch, der den bedeutendsten Er-
scheinungen des öffentlichen Gemeinlebens zu Grunde liegt: der
Gemeinde, der Kirche, vor allen Dingen dem Staate.
Das Wesen des Staates in seinem Thatbestande und in seiner
rechtlichen Gestaltung empfängt seine begriffliche Bestimmung an
oberster und grundlegender Stelle durch das Wesen des korporativen
Verbandes und daraufhin durch den Aufweis des specifischen Merk-
males, das ihn von allen andern korporativen Verbänden unterscheidet.
II. Der Staat als korporativer Verband und juristische Person !.
8 10.
Der Gemeinzweck.
I. Um das Wesen des korporativen Verbandes begrifflich zu be-
stimmen, pflest die Frage aufgeworfen zu werden: wie kann es geschehen,
ı Litteratur bei E. Zitelmann, Begriff und Wesen der sogenannten
juristischen Personen. 1873. Dazu Bolze, Der Begriff der juristischen Person.
1879. Becker, System des Pandektenrechtes I 88 59 ff. 1886. H. Preufs,
Gemeinde, Staat, Reich als Gebietskörperschaften (1889) und „Die Persönlich-
keit des Staates“ — Archiv für öffentl. Recht IV 62 fl. Bernatzik, Kritische
Studien über den Begriff der juristischen Person — Archiv für öffentl. Recht
V 169f. E. Lingg, Kritische Untersuchungen zur allgemeinen Staatslehre.
1890. „Stütze und Stab“ für jedes Nachdenken über den korporativen Ver-
band bleiben O. Gierckes Arbeiten, die an Fülle des Stoffes und dessen
geistiger Durchdringung ihresgleichen in dem Gebiete der allgemeinen Rechts-
lehre nicht haben: Das deutsche Genossenschaftsrecht, 3 Bde., 1868.
1873. 1881 und Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Recht-
sprechung. 1887.
Binding, Hardbuch. V. 1: Hänel, Staatsrecht. I. 6