Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Erster Band. Die vertragsmäßigen Elemente der Deutschen Reichsverfassung. (1)

Die einzelnen Bestimmungen der deutschen Reichsverfassung. 05 
urkunde oder Verfassungsurkunde? —, begründet er ein über 
und neben der Verfassung stehendes vertragsmässiges Ver- 
hältniss der Einzelstaaten unter einander oder kann es sich 
auch dann nur um ein verfassungsmässiges Verhältniss der 
Gesammtheit zu ihren Gliedern handeln? 
Nur die letztere Alternative trifft unter der gemachten 
Voraussetzung zu. \ 
Dafür spricht der äussere Umstand, dass die Einleitung 
unter der Ueberschrift „Verfassung des norddeutschen Bun- 
des“ steht. Allerdings ist entgegnet worden, dass diese 
Ueberschrift eine doppelte Stellung und darum auch eine 
doppelte Bedeutung habe. Denn sie steht zunächst allerdings 
über der ganzen Urkunde einschliesslich der Einleitung, sie 
wiederholt sich aber in den Worten der Einleitung: „Dieser 
Bund — wird nachstehende Verfassung haben“ und steht als- 
dann lediglich tiber den einzelnen, nachfolgenden Verfassungs- 
artikeln. Allein daraus würde lediglich folgen, dass die 
„Verfassung“ das eine Mal in einem engern Sinne, wonach 
das Wort nur die Organisation des Bundes und die Ausein- 
andersetzung der Rechte und Pflichten seiner Mitglieder be- 
greift, und das andere Mal in einem weitern Sinne gebraucht 
ist, wonach das Wort ausserdem die Bestimmung der Mit- 
glieder, ihres Gebietes, der Dauer, der allgemeinen Zwecke 
und des Namens des Bundes umfasst. Es folgt daraus nicht, 
dass das Wort das eine Mal Verfassungsgesetz und das 
andere Mal Vertrag bedeutet. Dies um so weniger, als 
jene weiteren Bestimmungen Gegenstand des Verfassungsge- 
setzes eines Bundesstaates, wenn nicht sein müssen, doch ge- 
wiss sein können. Denn die Behauptung?, dass die Zweck- 
bestimmung eines Bundes, als Basis der Verfassung, gar nicht 
in die Verfassung gehöre, mag theoretisch dahin gestellt 
bleiben; thatsächlich stand der Bundeszweck im Artikel3.der 
nordamerikanischen Konfederation von 1778, im Artikel 2. der 
ı Bähra.a. O. und Kompetenz-Kompetenz? 1869. pag. 60.
	        
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