Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Erster Band. Die vertragsmäßigen Elemente der Deutschen Reichsverfassung. (1)

Die einzelnen Bestimmungen der deutschen Reichsverfassung. 159 
Die Anwendung eines solchen durch die norddeutsche 
Bundesverfassung müsste im Besondern nachgewiesen werden. 
Dass dies nicht geschehn konnte durch die Berufung 3 auf $1 
des preussischen Wahlgesetzes vom 15. Oktober 1866: „Zur 
Berathung der Verfassung und der Einrichtungen des 
norddeutschen Bundes soll ein Reichstag gewählt werden“ 
liegt auf der Hand. Denn hier wird offenbar gerade umge- 
kehrt die ganze Summe der gesetzlichen Vorschriften als Ver- 
Gesammtheit der Vorschriftennur Reichsgrundgesetz, welchesübrigens 
gesetzlich bei Dreiviertelmajoritäten beider Häuser geändert werden kann. 
Auch die Reformakte des deutschen Fürstentages von 1868 
unterscheidet da, wo es sich um Einstimmigkeit des Bundesrathes und Drei- 
viertelmajorität der Bundesabgeordneten-Versammlung handelt, ausdrücklich 
„Gesetzesvorschläge, welche eine Abänderung der Bundesverfassung 
oder einen Zusatz zu derselben enthalten oder der gesetzgebenden Ge- 
walt des Bundes einen neuen, seither der Gesetzgebung der 
Einzelstaatenangehörigen Gegenstand überweisen* —art.11 
und 20 —, obgleich das Wort Verfassung auch identisch mit Verfassungsur- 
kunde, Bundesakte gebraucht wird — a 13. a. 28. No. 3. —. Dagegen be- 
zeichnet der Bundesbeschluss vom 29. Juli 1819, betr. die doktri- 
nelle Interpretation einer Stelle des 7. Artikels der Bundesakte — von Meyer, 
corp. jur. conf. Germ. 3. Aufl. I pag. 83 — als Grundgesetze, als die die 
Bundesverfassung bildenden vertragsmässigen Bestimmungen diejenigen, 
„welche die Errichtung des Bundes, den Verein seiner Glieder, die Fest- 
setzung seines Zweckes, sowie die Rechte der Gesammtheit, der Theilnahme 
der einzelnen Bundesglieder an deren Ausübung, der Verpflichtungen dersel- 
ben gegen den Bund und der Verbindlichkeiten dieses gegen sie, endlich des 
Rechts, die Bundesangelegenheiten zu besorgen, betreffen“ — und zwar dies 
Alles im Gegensatz zu den „organischen Bundeseinrichtungen“. Demgemäss 
sind nach der Wiener Schlussakte a. 10. verfassungsmässig die- 
jenigen Beschlüsse, „die innerhalb der Grenzen der Kompetenz der Bundes- 
versammlung — gefasst worden“. Ebenso identifiziren die deutsche 
Reichsverfassung vom 28. März 1849 und derauf@Grund des Bünd- 
nisses vom 26. Mai 1849 aufgestellte Verfassungsentwurf.das 
Wort Verfassung mit Verfassungsurkunde, wie schon durch den Ausdrnck 
„Abänderungen in der Reichsverfassung“ in $ 196 und beziehentlich $ 194 
bewiesen wird. Auch für die schweizerische Bundesverfassung, 
speziell deren Artikel 111—114 steht es in Theorie und Praxis fest, dass die 
Bezeichnung Verfassung auch die Kompetenzbestimmungen begreift. 
39 Kompetenz-Kompetenz? pag. 8 und sonst.
	        
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