18 Zweites Kapitel.
in einem vorhergehenden, völkerrrechtlichen Vertrage, dem
Bündnissvertrage vom 18. August 1866 und den Accessions-
verträgen zu demselben eingegangen worden waren.
Die Erfüllung dieses Vertrages konnte sich nach seinem
Wortlaute und seiner Absicht nach nicht richten auf die Ein-
gehung eines neuen völkerrechtlichen Vertrages oder auch
nur auf Schliessung eines Staatenbundes, sondern sie konnte
nur in der Gründung eines Bundesstaates mit dessen wesent-
lichen Merkmalen bestehen.
Der norddeutsche Bundesstaat und seine Verfassung ist
nicht entstanden in den Formen eines freien und auf die Ent-
schliessung der Einzelstaaten allein gestellten völkerrecht-
lichen Vertragsschlusses, sondern in den Formen der konsti-
tutionellen Gesetzgebung durch vertragsmässig ad hoc berufene
und vertragsmässig ad hoc legitimirte Organe: Die Versamm-
lung der Regierungsbevollmächtigten, in welcher das Erfor-
derniss der Stimmeneinhelligkeit unbezweifelt herrschte, und
den Reichstag des norddeutschen Bundes, für welchen das
Prinzip der Stimmenmehrheit und zwar nicht der Staaten
sondern der individuellen Stimmen ebenso unbezweifelt aner-
kannt war®,
‚ Die aus den legislativen Verhandlungen hervorgegangene
Bundesverfassung hatte allerdings zur Voraussetzung ihrer
rechtlichen Wirksamkeit die Anerkennung derselben und die
Beseitigung der ihrer unmittelbaren Geltung entgegenstehen-
den landesgesetzlichen Hindernisse durch die Gesetzgebung
der Einzelstaaten, allein nach Vollziehung dieser landesgesetz-
8 Art. V. des Bündnissvertrages vom 18. August 1866 lautet: ‚‚Zugleich
werden sie — die verbündeten Regierungen — Bevollmächtigte nach Berlin
senden, um nach Massgabe der Grundzüge vom 10. Juni d. J. den Bundes-
verfassungs-Entwurf festzustellen, welcher dem Parlament zur Berathung und
Vereinbarung vorgelegt werden soll. Das Protokoll vom 16. April 1867
lautet: ‚„Die Herren Kommissarien waren einstimmig dahin: den Verfas-
sungs- Entwurf, wie er aus der Schlussberathung hervorgegangen ist, anzu-
nehmen‘' — eine Ratifikation dieses Beschlusses durch die Staatsregierungen
wurde nicht vorbehalten.