ey Zweites Kapitel.
von dem norddeutschen Bunde und seiner Verfassung unab-
hängige Schöpfungen dargestellt haben. Das ist thatsächlich
nicht geschehn. Indem die süddeutschen Staaten den nord-
deutschen Bund als vertragschliessende Partei annahmen,
nahmen sie die Existenz desselben und seiner Verfassung zur
Voraussetzung. Danach konnte Absicht und Wirkung der
Verfassungsverträge keine andere sein, als der Anschluss oder
der Eintritt der süddeutschen Staaten an oder in das be-
stehende Bundesverhältniss und damit die Ausdehnung seiner
Verfassung auf die Beitretenden.
Diesem Grundgedanken entspricht denn auch vollkom-
men die äusserliche Gestaltung der einzelnen
Verfassungsverträge.
Der Vertrag Baden’s und Hessen’s mit dem nord-
deutschen Bunde d.d. Versailles 15. November 1870 enthält
die „Verfassung des deutschen Bundes“, das ist die Verfas-
sung des norddeutschen Bundes mit denjenigen Modifikationen,
welche durch die Thatsache des Eintrittes zweier Staaten und
durch deren politische Anforderungen geboten waren, und
zwar als gesonderte Anlage. Die Verfassung erscheint damit
als eine vollkommen selbständige und in sich abgeschlossene
Urkunde. Neben und ausserhalb derselben steht das Proto-
koll der Verhandlung. Dasselbe nimmt in allen seinen Klau-
seln die gesicherte Existenz der Verfassung zur Voraussetzung.
Es bestimmt den Zeitpunkt für die Geltung der Verfassung
im Ganzen und einzelner ihrer Theile, es stellt den beabsich-
tigten Sinn und die Tragweite einzelner Bestimmungen der
Verfassung fest, es gewährt endlich den beitretenden Staaten
einzelne Zusagen, ftir welche die erhöhte Bedeutung einer ver-
fassungsmässigen Zusicherung nicht beansprucht wurde.
Ganz den nämlichen Charakter trägt der zwischen dem
norddeutschen Bunde, Baden und Hessen einerseits und Wür-
temberg andererseits abgeschlossene Vertrag d. d. Berlin,
28. November 1870 an sich. Der Hauptvertrag bestimmt die
volle Anwendung der dem badisch-hessischen Vertrage beige-
fügten Verfassung auf Würtemberg und stellt diejenigen Mo-