138 $ 4. Die Theorie G. Meyer’s. [42
Unterthanen, sondern haben nur Bedeutung innerhalb des Or-
ganismus der Verwaltung“ — Lehrbuch, pag. 465 —.
Der behauptete Massstab gilt aber auch nicht, trotz
G. Meyer, für „Ausführungsverordnungen“, insofern dieselben
ihre nähern allgemeinen Vorschriften nur auf Grund bereits
geltender Rechtssätze deduziren oder kombiniren. Es ist nicht
richtig, dass es nach unserm positiven Rechte für solche Aus-
führungsverordnungen einer ausdrücklichen gesetzlichen Er-
mächtigung bedarf, wie dies G. Meyer — ib. pag. 466 — be-
hauptet. So z. B. kennt die bayrische Verfassung eine solche
Ermächtigung nicht, aber das Recht der bayrischen Regierung
zu Ausführungsverordnungen ist unbestreitbar und unbestritten
— Pözl, bayrisches Verfassungsrecht, $ 156 —.
Endlich aber — wäre die Behauptung G. Meyer’s, dass
das Wort „Gesetz“, „Gesetzgebung“ nur die allgemeinen
Rechtsvorschriften befasst, richtig, so müsste dieselbe auch in
ihrer Anwendung auf die deutsche Reichsverfassung richtig
sein. Auch diese kennt zwar, wie die preussische Verfassung,
„Gesetze“, welche zweifellos, im Zutreffen aller Merkmale
G. Meyer’s spezielle oder individuelle Gesetze sind — aa 41
al. 1. 73. 76 al.2 —. Aber auch für sie müsste es gelten,
dass überall da, wo sie uns diesen angeblich anomalischen
Sprachgebrauch nicht ausnahmsweise aufnöthigt, unter
Gesetz und Gesetzgebung nur das allgemeine Gesetz und die
allgemeine Gesetzgebung zu verstehn sei. Das trifft vor allen
Dingen bei Artikel 4 zu, welcher die gesetzgeberische Kom-
petenz des Reiches gegenüber der Kompetenz der Einzelstaa-
ten abgrenzt. Nach den Definitionen G. Meyer’s würde das
Reich in allen dort aufgezählten Angelegenheiten nur das
Recht haben, im Wege der Gesetzgebung allgemeine Rechts-
sätze aufzustellen. Das Recht, in denselben Angelegenheiten
Spezialgesetze, „Verfügungen“ im Sinne G. Meyer’s zu treffen,
würde verfassungsmässig unter Ausschluss des Reiches den
Einzelstaaten verblieben und vorbehalten sein — selbstver-
ständlich soweit nicht Spezialklauseln der Verfassung, zu denen
übrigens das Ausführungsverordnungsrecht zu Reichs„gesetzen“