260 $ 15. Der nächste Zweck des Gesetzes. [164
cher andern metaphysischen Weise habe, das nachfolgende Ge-
setz also gleichsam nur die Anwendung dieses aprioristischen
Rechtes vermittele. Bis zum Erlass dieser Gesetze hat der
Staat das Recht der Grenzveränderung, der Gerichtsorganisa-
tion schlechthin nicht; denn ein Recht kann der Staat niemals
in abstracto, sondern immer nur haben, wenn als dessen Sub-
jekt irgend ein kompetentes Organ nachweisbar ist. Bis da-
hin vielmehr hat der Staat nur das Recht, durch seine Gesetze
für sich d. h. für bestimmte seiner Organe jenes Recht zur
Grenzveränderung oder zur Gerichtsorganisation zu schaffen.
In einer dritten Reihe von Beispielen endlich stellt
Jellinek die Bestimmungen der österreichischen allgemeinen
Gerichtsordnung, dass jede Klage in zwei Exemplaren einzu-
reichen ist, dass der Kläger seine Wohnung in der Klagschrift
anzugeben hat. Er sagt: „es sind das Bestimmungen, welche
zur Vermeidung unnöthiger Schreibgeschäfte durch die Ge-
richtsbehörden, zur schnellen und sichern Erledigung der Pro-
zesse, mit einem Worte zu den Zwecken der Rechtspflege, also
der Verwaltung gegeben sind, direkt jedoch mit der Rechts-
sprechung selbst nichts zu thun haben.“ Gewiss!, es giebt
keine Prozessvorschrift, die den Parteien die Einhaltung von
Formen und Fristen zur Pflicht macht, die diesen Zweck
nicht verfolgt. Jedoch zur Erreichung dieses Zweckes ist es
der nächste Zweck aller solcher Vorschriften, den Parteien
diejenigen beschränkenden Bedingungen als Pflichten aufzu-
legen, unter welchen sie ein Recht auf das Gehör und auf die
prozessleitenden Handlungen des Richters gewinnen. Sind das
keine Schrankenziehungen, keine einengenden Bestimmungen
des Wirkungskreises, der Wirkungskraft der Persönlichkeiten
im Sinne Jellinek’s? Sie müssen es sein, genau 50, um in
seinen Beispielen fortzufahren, wie wenn ein Gesetz Vorschrif-
ten über die Modalitäten der Paketaufgabe, als Bedingung des
Rechtes auf Postbeförderung oder über die Anbringungsart
von Stempelmarken, als Bedingung der rechtsgültigen Zahlung
der schuldigen Steuer, aufstellt. Sind sie es nach Jellinek
nicht, dann verflüchtigen sich alle seine begrifflichen Bestim-