165] $ 15. Der nächste Zweck des Gesetzes. 961
mungen über Recht und Rechtssetzung in das völlig Unbe-
stimmte und damit völlig Willkürliche.
Alle Beispiele ohne Ausnahme beweisen das Gegentheil
dessen, was sie beweisen sollten. Bei allen angeführten Ge-
setzen ohne Ausnahme ergiebt die genauere Analyse, dass für
sie das von Jellinek selbst aufgestellte Kriterium vollkommen
zutrifft, dass sie zum nächsten Zweck den Rechtszweck, die
„soziale Schrankenziehung“ haben, dass sie also Rechtssätze
enthalten.
Immerhin — der versuchte Beweis war ein negativer.
Er sollte darthun, was Verwaltungsnormen in Gesetzesform
nicht enthalten. Es bleibt die andere Seite übrig, die Frage
nach dem positiven Inhalte dieser Verwaltungsnormen.
Jellinek beantwortet sie durch die Wirkungen, die er
den Rechtssätzen einerseits und den Verwaltungsnormen in
Gesetzesform andererseits beilegt.
„Ist der Inhalt des Gesetzes“, so sagt er pag. 250, „eine
Rechtssetzung, so hat es die Wirkung, neue Pflichten und
Rechte zu schaffen“ Es heisst dies nach Jellinek’s eigener
Auffassung wiederholender, spezialisirender, authentisch interpre-
tirender Rechtssätze (pag. 241) ein Doppeltes: die Rechtssetzung
schafft entweder neue Pflichten und Rechte, für die bisher
eine Rechtsgrundlage nicht bestand oder sie gewährt Rechten
und Pflichten, die aus dem bestehenden Rechte abgeleitet wer-
den konnten, eine neue, auf sich selbst gestellte Rechtsgrund-
lage. Nur in dieser Zweideutung ist der Satz richtig.
Ist der Inhalt des Gesetzes hingegen, so fährt Jellinek
fort, ein Verwaltungsakt, so besteht seiue nächste Wir-
kung in einem von beiden.
Entweder „die Regierung wird zur Vornahme bestimm-
ter Handlungen verpflichtet oder autorisirt“, es liegen „Ver-
waltungsbefehle an die Regierung“ vor. Hier bleibt es mir
nach allen seinen Anschauungen und Begründungen, nach dem
Wortlaut aller seiner Begriffsbestimmungen über Recht und
Rechtssetzung vollkommen unerklärlich, wie Jellinek der Ein-
räumung einer Berechtigung oder der Auflegung einer Pflicht