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Ich entscheide nicht, in welchem Umfange der Begriff des
Rechtsgeschäftes auch auf das öffentliche Recht Anwendung
leidet. Ich halte diese Anwendung zu einem Theile für voll-
kommen berechtigt, wie ich es zu einem andern Theile und
gegen Laband für gewiss halte, dass nicht jeder Dienstbefehl
und nicht jede „Verfügung“, d. h. nicht jeder an die Unter-
thanen gerichtete Befehl ein Rechtsgeschäft sein könne, so
gewiss als nicht jeder Ausübungsakt eines subjektiven Rechtes
innerhalb eines bestehenden Privatrechts - Verhältnisses ein
solches ist.
Jedenfalls ist es zweifellos, soweit wir dem Begriffe An-
wendbarkeit auf das öffentliche Recht zuschreiben, soweit muss
das Rechtsgeschäft alle die wesentlichen Merkmale aufweisen,
die der im Privatrecht ausgeprägte Begriff an sich trägt.
Denn wenn wir mit dem Worte etwas wesentlich Anderes be-
zeichneten, so würde seine Verwerthung für das öffentliche
Recht nur eine verwirrende und willkürliche Terminologie sein.
Das Wesen des Rechtsgeschäftes nun aber ist es, dass
nicht nur die Errichtung desselben Ausfluss der subjektiv-
rechtlichen Geschäftsfähigkeit, der „Kompetenz“, ist, sondern
dass auch die von ihm absichtlich verursachten Rechtswir-
kungen in der Veränderung — in der Entstehung, Abän-
derung oder Beendigung — subjektiver Rechte und Pflichten
bestehn.
Das Rechtsgeschäft ist rein und ausschliesslich
eine Erscheinung des subjektiven Rechtes.
Aber weil es dies ist, so setzt es nothwendig und seiner
Natur nach den objektivrechtlichen Massstab voraus, welcher
seine Bedingungen und seine Wirkungen regelt. Niemals und
in keinem Sinne kann das Rechtsgeschäft die rechtliche Ge-
schäftsfähigkeit oder die Kompetenz schaffen, die Voraus-
setzung seiner gültigen Errichtung ist und ebenso wenig kann
es die rechtlichen Wirkungen, die es beabsichtigt, allein durch
sich selbst erzeugen. Vielmehr liegt der Rechtsgrund für
die rechtliche Kraft des Geschäftswillens und für die ıhm ent-
sprechenden Rechtswirkungen ausserhalb und über dem Rechts-