Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Zweiter Band. (2)

177) $ 16. Anwendung des Gesetzes. 273 
IH. Aber auch das Letzte ist damit entschieden. 
Laband — Staatsrecht 2. Aufl. I, pag. 573. 574. — hebt 
mit Recht hervor: „in zahlreichen Fällen wird der Weg der 
Gesetzgebung gewählt, indem die Regierung auch im Wege 
der Verordnung das Ziel erreichen könnte oder es werden in 
die Gesetze neben solchen Sätzen, für welche die Gesetzesform 
rechtlich nothwendig ist, mit Rücksicht auf den Zusammen- 
hang, die Vollständigkeit und Verständlichkeit Vorschriften 
mit aufgenommen, welche nur Ausführungsbestimmungen sind 
und durch Verordnungen oder Instruktionen erlassen werden 
könnten“. In solchen Fällen kann man sagen, dass das Ge- 
setz dem äussern Anschein und dem nächsten Erfolge nach 
die Stelle einer Vollzugsverordnung vertritt. 
Auch Vollzugsverordnungen d. h. solche Ausführungsverord- 
nungen, die nicht auf der rechtlichen Ermächtigung und nicht 
auf der Absicht beruhn, Rechtssätze zu schaffen, können 
doch solche zum Inhalt haben, indem sie bestehende Rechts- 
sätze reproduziren und erläutern, insbesondere auch indem sie 
Folgesätze aus übergeordneten allgemeineren oder aus einer 
Kombination mehrer Rechtssätze folgern. Aber diese ihre 
Rechtssätze haben keine selbständige Rechtsverbindlichkeit. 
Ihre Rechtsverbindlichkeit ist vielmehr bedingt durch den 
Nachweis, dass sie richtig reproduzirt, erläutert, gefolgert 
sind. Sie gelten nur kraft der Rechtsquelle, insbesondere 
kraft des Gesetzes, aus dem sie abgeleitet sind. Sie haben 
nur unselbständige oder abgeleitete Rechtsverbind- 
lichkeit. 
Eine solche unselbständige oder abgeleitete Geltung schreibt 
Seligmann — Begriff des Gesetzes pag. 145 ff. — auch sol- 
chen Gesetzen zu, welche in Geltung befindliche Rechtssätze 
nur wiederholen oder, in Übereinstimmung „mit dem richtigen 
Resultate der wissenschaftlichen Auslegung“, nur erläutern. 
Sie sind ihm nur „formelle Gesetze“, welche das schon be- 
stehende objektive Recht in Erinnerung bringen oder leichter 
verständlich machen. Eine ganz unabsehbare Menge von ge- 
setzlichen Bestimmungen, die insbesondere in unsern modernen 
Haenel, Studien. II. 18
	        
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