Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Zweiter Band. (2)

40 Gesetzgebung und vollziehende Gewalt. 
Aenderungen des a. 18 (jetzt 17) zum Organe des Bundes 
erfuhr, ist an diesem entscheidenden Punkte der Organisation 
nicht nur eine Verschiebung gegenüber den Bestimmungen des 
Verfassungsentwurfes, sondern geradezu ein Bruch erfolgt. Die 
einfache und unmittelbare Verbindung der Vollzieh- 
ung mit der Gesetzgebung, wie sie der Entwurf be- 
werkstelligt hatte, ist gesprengt worden, ohne dass 
die Verfassung auf der neuen Grundlage einen ge- 
nügenden Ersatz vorgesehen hat. 
Es stellt sich dies am Klarsten dar, wenn wir den ein- 
schlagenden Bestimmungen des Entwurfes der norddeutschen 
Verfassung unmittelbar die Reichsverfassung entgegenstellen, 
die in dem Kaiserthum die selbständige Organisation der 
vollziehenden Gewalt des Bundes zum endgültigen Ausdruck 
gebracht hat. An ihren Bestimmungen beantwortet sich die 
Frage am Schärfsten, ob und wieweit die Befugnisse der 
preussischen Vollziehung, die ihren Einfluss auf den Gang der 
Gesetzgebung darstellten, eine Uebertragung auf das Kaiser- 
thum gefunden haben. 
Eine solche Uebertragung ist nach dem Wortlaut der 
Verfassung nur in einem ganz beschränkten Umfange erfolgt; 
sie bezieht sich ausschliesslich auf die Prärogative der Krone, 
aber auch auf diese nur mit der ganzen Schwäche, mit der 
sie im Entwurfe ausgebildet waren. 
Allerdings der Kaiser als solcher ist es, der jetzt in dem 
Reichskanzler den Präsidenten des Bundesrathes ernennt. Er 
ist es jetzt, der den Bundesrath und Reichstag beruft und 
eröffnet, vertagt und schliesst, immer unter Beibehaltung der 
Schranken, die der Entwurf dem Präsidium zog. Aber das 
hervorragendste Recht der Auflösung des Reichstages ist dem 
Bundesrathe verblieben; nur ist hier dem Kaiser gegenüber 
dem Beschlusse des Bundesrathes ein Recht der Sanktion und 
des Veto erwachsen. Denn es ist eine unrichtige Herüber- 
nahme aus dem Gedankengange des Verfassungsentwurfes, 
wenn die Geschäftsordnung des Bundesrathes (I. $ 6) den 
Auflösungsbeschluss zu den Bundesrathsbeschlüssen zählt, bei
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.