Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Zweiter Band. (2)

Gesetzgebung und vollziehende Gewalt. 41 
denen die „Stimme des Präsidium“ in der Mehrheit enthalten 
sein muss. Es mag dies im praktischen Gange der Dinge zu- 
treffend sein, aber der juristisch korrekten Formulirung nach 
steht dem Kaiser nach a. 24 die Sanktion zu, auch wenn 
Preussen in der Minorität blieb, und das Veto, wenn sich die 
preussische Stimme in der Majorität befand. 
Vor allen Dingen sind die gewichtigeren, materiellen 
Rechte Preussens innerhalb des Bundesrathes, welche die or- 
ganische Verbindung der vollziehenden Gewalt mit der gesetz- 
gebenden Körperschaft vermittelten, trotz der Loslösung des 
Präsidium von Preussen und seiner Uebertragung auf den 
Kaiser, nach der Strenge der Verfassungsbestimmungen voll- 
kommen unverändert bei dem Einzelstaate Preussen geblieben. 
Man ist — allerdings folgerichtig nach dem Bildungs- 
prinzip des Bundesrathes — nicht dazu gekommen, dem Kaiser 
als solchem eine Stimme im Bundesrathe einzuräumen. Das 
Gewicht der 17 Stimmen ist bei Preussen geblieben, freilich 
im deutschen Reiche als ein wesentlich abgeschwächtes. Denn 
es steht 41 anstatt früheren 26 Stimmen gegenüber und der 
Widerspruch gegen Verfassungsänderungen, denen Preussen 
und die Mehrheit zustimmt, kann jetzt bereits durch 3 Einzel- 
staaten gebildet werden, während deren bisher zum Mindesten 
9 erforderlich waren. 
Der Kaiser hat keine, zum Mindesten keine materielle 
Initiative zu Gesetzentwürfen weder gegenüber dem Reichstage 
noch gegenüber dem Bundesrathe. Es ist dies gegenüber dem 
Reichstage dem Bundesrathe, im Bundesrathe ausschliesslich den 
Einzelstaaten und mit besonderem Gewichte Preussen verblieben. 
Ebenso steht dem Kaiser keine, zum Mindesten keine 
materielle Sanktion und Veto zu. Alle die Bestimmungen, 
welche Preussen in gewissen Angelegenheiten solche einräum- 
ten, dauern als Attribute der preussischen Stimme fort. 
Ja, der Kaiser hat für seine Beamten, den Reichskanzler 
oder dessen Stellvertreter, nicht einmal das Recht des Zu- 
trittes und des Gehöres im Reichstage ausdrücklich empfangen. 
Dem Wortlaute der Verfassung — a. 9 und 16 — nach, be-
	        
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