42 Gesetzgebung und vollziehende Gewalt.
zieht sich dieses Recht nur auf die Bevollmächtigten der
Einzelstaaten und die Kommissare des Bundesrathes.
Die Natur der Dinge hat es mit sich gebracht, dass sich
diese Sätze in ihrer formalistischen Zuspitzung, wie sie der
Wortlaut der Verfassung ohne Rücksicht auf ihre Herüber-
nahme aus einem ganz anderen organischen Zusammenhange
des Verfassungsentwurfes zuliess, nicht überall aufrecht er-
halten liessen.!
Nach einer feststehenden Praxis hat der Kaiser als solcher
die Initiative zu Gesetzentwürfen im Bundesrathe gewonnen.
Während früher solche Gesetzentwürfe vom Reichskanzler unter
der vielleicht noch zweideutigen Formel: „im Namen des Prä-
sidium“ eingebracht wurden, geschieht dies jetzt vollkommen
unzweideutig „im Auftrage S. M. des Kaisers“, „im Namen
des Kaisers“.® Hierfür war, trotz der beschränkten Fassung
im a. 7: „Jedes Bundesglied“ (d. i. nach a. 6 jeder Einzel-
staat) „ist befugt, Vorschläge zu machen“, ein gewisser An-
halt in der Verfassung selbst gegeben. Denn bei gewissen
Vorlagen an den Bundesrath war es selbstverständlich, dass
sie nur von dem Kaiser als solchem ausgehen konnten, wie
die in das Bereich der Gesetzgebung eingreifenden Staatsver-
träge und die Rechnungen. Ja in einem Falle, für das „um-
fassende Militärgesetz“ des Artikel 61 hatte ein Beschluss des
Reichstages die Vorlage an den Reichstag und Bundesrath dem
Bundespräsidium zur Pflicht gemacht — eine Fassung, die
ı Die Bestimmung des Gesetzes vom 4. Juli 879, über die Ver-
fassung und Verwaltung Elsass-Lothringens, $7, welche zur Vertretung
der Vorlagen aus dem Bereiche der Landesgesetzgebung, sowie der
Interessen Elsass-Lothringens bei Gegenständen der Reichsgesetzgebung
durch den Statthalter ernannte Kommissare zu den Berathungen des
Bundesrathes zulässt, gehört einem anderen Gedankengange an, wenn
damit auch indirekt dem Kaiser, als Inhaber der Landesstaatsgewalt
in Elsass-Lothringen, eine gewisse Stellung im Bundesrathe ein-
geräumt wird.
2 So ergeben überall die Protokolle des Bundesrathes über das
Zoll- und Steuerwesen, welche allein weiteren Kreisen zugänglich sind.