44 Gesetzgebung und vollziehende Gewalt.
Vermittelung zwischen beiden gesetzgebenden Körperschaften
übrig, genau so, wie der Reichskanzler die vom Reichstage
ausgehenden Beschlüsse dem Bundesrathe übermitttell. Ja
dem Präsidium auch nur die selbständige Befugniss einer
formalen Prüfung über die rechtgültige Entstehung des Bun-
desrathsbeschlusses zuzugestehen, würde sein Bedenken gehabt
haben. Denn ohne ausdrückliche gesetzliche Bestimmung liegt
es zwar in den Rechten und Pflichten des Präsidiums einer
Körperschaft, Zweifel und Bedenken über die formale Gültig-
keit eines Beschlusses zur Entscheidung des Kollegiums zu
bringen, nicht aber die Bedenken und Zweifel zu einem
Rechte des Widerspruches gegen die ihm obliegende Ausfer-
tigung zu machen.
Aus dem ganzen Zusammenhang der organisatorischen
Bestimmungen des Entwurfes darf es geschlossen werden, dass
dieses Ergebniss einer wortgemässen Deutung der eigentlichen
Absicht des Entwurfes entsprach. Aber allerdings war damit
vorausgesetzt, dass das zweideutige Wort „Präsidium“ hier
nicht sowohl für die vollziehende Gewalt im engern, eigent-
lichen Sinne, sondern vielmehr im Sinne eines Rechtes for-
meller, dem Bundesrathspräsidium entspringenden Solenni-
sirung gebraucht sei.!
Gerade an diese Zweideutigkeit anlehnend hat die Schaf-
fung eines selbständigen Präsidiums durch die Aenderungen
des a. 18 des Entwurfes auch auf den ihm vorausgehenden,
hier erörterten Artikel eine bedeutsame Rückwirkung ausgeübt.
Sie zeigt sich in der Formel, mit welcher Gesetzentwürfe im
Reichstage während des norddeutschen Bundes eingebracht
wurden und welche lautet: „Im Namen des Präsidiums
des norddeutschen Bundes beehrt sich der Bundeskanzler den
Entwurf, wie solcher vom Bundesrathe beschlossen
worden, dem Reichstage des norddeutschen Bundes zur
verfassungsmässigen Beschlussnahme vorzulegen.“ Und diese
Wendung hat ihre Bestätigung gefunden durch die neue
1 S. 0. pag. 6. 7.