Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Zweiter Band. (2)

66 Das Verordnungsrecht des Kaisers und des Bundesrathes. 
das Verschulden oder Nichtverschulden ihres Mangels eintritt? 
und in dem andern Sinne, dass bei dem Mangel der gesetz- 
lichen Verkündigungsformen auch die glaubwürdigste Bezeugung 
und die thatsächliche Kenntniss des rechtsgültig entstandenen 
Staatswillens eine Rechtsverbindlichkeit nicht erzeugt. 
Das gilt gleichmässig vom Gesetze wie von der gesetz- 
vertretenden Verordnung. Denn immer tritt diese an die 
Stelle jenes. Nur kraft besonderer gesetzlicher Anordnung, 
aber niemals ohne diese, kann die Rechtsverbindlichkeit der 
gesetzvertretenden Verordnung überhaupt oder einer gewissen 
Gattung derselben an andere Verkündigungsformen gebunden 
werden, als die für Gesetze in Verfassung und Gesetz vorge- 
schriebenen und nur unter gleicher Voraussetzung können 
Organe des Staates ermächtigt sein, durch eine Verordnung, 
die ihrer Natur nach eine Rechtsverordnung ist, die rechts- 
verbindlichen Formen der Verkündigung festzustellen. 
Nicht minder bedeutsam als der zwischen Vollzugsver- 
ordnungen und gesetzvertretenden ist der andere Unterschied, 
der aus der Natur zusammengesetzter Staatswesen entspringt, 
der Unterschied zwischen unmittelbaren und mittelbaren 
Verordnungen. 
Ein unmittelbares Verordnungsrecht ist in einem 
zusammengesetzten Staatswesen dann vorhanden, wenn die von 
den Organen des Centralstaates erlassenen rechtsgültigen Ver- 
ordnungen mittels Verkündigung oder Insinuation im Namen 
und durch die Organe des Centralstaates dieselbe Rechtsver- 
bindlichkeit für die Behörden und Unterthanen sowohl des 
Centralstaates als der Einzelstaaten empfangen, wie im Ein- 
heitsstaatee Nur mittelbar ist das Verordnungsrecht, wenn 
die von den hierzu berufenen Organen des Centralstaates oder 
der centralen politischen Korporation rechtsgültig beschlossenen 
Verordnungen zunächst lediglich die verfassungsmässige Ver- 
pflichtung der Einzelstaaten als solcher erzeugen, dieselben in 
ı Damit ist der Frage nicht vorgegriffen, wieweit das Gesetz ein- 
zelne Rechtsfolgen von dem Bewusstsein der Rechtswidrigkeit, also von 
der Kenntniss des rechtsverbindlichen Gesetzes abhängig macht.
	        
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