Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Zweiter Band. (2)

84 Das Verordnungsrecht des Kaisers und des Bundesrathes. 
noch präjudiziren sie ihr; dann können sie aber auch ihre 
Rechtsgültigkeit nicht stützen auf irgend eine selbständige 
Kompetenz des Reiches und des Bundesrathes, sondern sie 
finden den Massstab ihrer Rechtsgültigkeit nur in der Lage 
des Verordnungsrechtes, wie es sich aus der Verfassung, den 
Gesetzen und den Eisenbahnkonzessionen der Einzelstaaten 
ergiebt. Für jene vom Bundesrathe beschlossenen Reglements, 
Ordnungen und Bestimmungen im Gebiete des Eisenbahn- 
wesens gilt der Satz nicht: „Reichsrecht bricht Landrecht“, 
vielmehr hängt in anomaler, aber durch die Verfassung zu- 
gelassener Weise die Rechtsgültigkeit des Bundesrathsbeschlusses 
und der auf Grund derselben verkündeten Partikularverord- 
nungen von dem Nachweise ab, der für jeden Einzelstaat ge- 
sondert zu führen ist, dass dieselben nach Massgabe des Par- 
tikularrechtes rechtsgültig erlassen werden konnten. 
Aber die Auffassung, die für das Eisenbahnwesen ge- 
stattet und gefordert ist, ist schlechterdings ausgeschlossen 
für Artikel 54 der Verfassung. Wenn es hier lautet: 
„Das Reich hat das Verfahren zur Ermittelung der 
Ladungsfähigkeit der Seeschiffe zu bestimmen, die Aus- 
stellung der Messbriefe, sowie der Schiffszertifikate zu 
regeln und die Bedingungen festzustellen, von welchen die 
Erlaubniss zur Führung eines Seeschiffes abhängig ist“ 
so findet sich darin schlechterdings kein’ Anhalt für ein gesetz- 
vertretendes Verordnungsrecht überhaupt und für das des 
Bundesrathes insbesondere, wie denn thatsächlich die Regelung 
der Schiffszertifikate durch die Gesetze vom 25. Oktober 1867 
über die Nationalität (8$ 8 ff.) und vom 28. Juni 1873 über die 
Registrirung der Kauffahrteischiffe stattgefunden hat und die 
erforderliche gesetzliche Ermächtigung zur verordnungsmässigen 
Feststellung der Bedingungen für die Führung eines Seeschiffes 
durch die Gewerbeordnung vom 21. Juni 1869 $ 31 erfolgt 
ist. Und eben so wenig besteht irgend welcher Anhalt dafür, 
dass auch hier anomaler Weise die Rechtsgültigkeit eines Be- 
schlusses des Bundesrathes auf irgend welches Mass des Ver- 
ordnungsrechtes gestützt werden könnte, welches den Einzel-
	        
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