Full text: Handwörterbuch der Württembergischen Verwaltung.

Gemeindedienste — Gemeindegerichte. 
keiten über den Besitz des GB., in welchen diese 
den eigentlichen Gegenstand des Streits und der 
Entscheidung bildet. J. d. R. wird aber das G. 
nur die Vorfrage für andere durch seinen Besitz 
bedingte Ansprüche oder Verbindlichkeiten sein; es 
bildet eine sog. Inzidentfrage in einer selbständi- 
gen Rechtsache. In solchen Fällen wird über den 
Besitz des GB. in dem für die Hauptsache vor- 
geschriebenen Verfahren und von den für dieses 
zuständigen Behörden entschieden, aber bezüglich 
des GB. nur unter Beschränkung auf die vor- 
liegende Streitsache. Bazille. 
Gemeindedienste, früher auch Fronen ge- 
nannt, sind althergebrachte Dienstleistungen, die 
von den Organen der Gde den Gde Einwohnern 
zur Erfüllung von Gde Zwecken auferlegt werden 
können. Sie sind öff.-rechtl. Art, insofern sie aus 
der persönlichen Zugehörigkeit zur Gde (nicht dem 
Gde Bürgerrecht, sondern der auf dem Wohnen in 
der Gde beruhenden Gde Angehörigkeit) fließen; 
da sie Leistungen für öff. Zwecke der Gde sind, so 
entscheiden über die Verpflicht. zu dens. nach Verw.-- 
RflG. Art. 10 Z. 7 im Streitfall die Verw erichte. 
— Was das tatsächliche Verlangen 
von G. anbelangt, so wurden früher Naturaldienste 
in Form von Hand--, Spann= oder Reitdiensten in 
sehr ausgedehntem Maß von den Gden in An- 
spruch genommen; im Lauf der Zeit hat sich so- 
wohl die Zahl der Gden, die solche Dienste ver- 
langen, als auch der Umfang der verlangten 
Dienste sehr verringert. Ueber die Leistungen von 
G. bestimmt GG. Art. 47—54: Für Gde Zwecke, 
bes. zur Unterhaltung der öff. Wege, sowie zur 
Handhabung der öff. Ordnung und Sicherheit kön- 
nen G. angeordnet werden, abgesehen von Arbeiten, 
die bes. Fachkenntnisse voraussetzen. Verpflichtet 
zur Leistung von G. sind alle selbständigen steuer- 
pflichtigen Einwohner der Gde.; zur Leistung von 
Fuhrdiensten jedoch nur diej., die im Gde Bez. Zug- 
tiere halten. Frauen können nur zur Leistung von 
Fuhrdiensten verpflichtet werden. Die G. können 
durch geeignete Stellvertreter geleistet werden; auch 
kann durch Bezahlung einer entspr. Ersatzleistung 
Befreiung von ihnen erlangt werden. Einige Per- 
sonenklassen, die in Art. 19 GA. aufgezählt sind, 
sind von der Leistung der G. befreit. Die näheren 
Bestimmungen bleiben den Beschlüssen der Gde- 
Räte vorbehalten; Best. von dauernder Geltung 
werden durch Ortstatut, s. GA., getroffen. — 
Wenn in Fällen außerordentlichen Be- 
dürfnisses zur Ausführung von Schutzmaßregeln 
oder der Hilfeleistung G. angcordnet werden, so 
können alle Einwohner der Gde, sofern sie nur 
zu den entspr. Dienstleistungen fähig sind, dazu 
angehalten werden. Nach § 360 Z. 10 St G. wird 
außerdem mit Geld bis zu 150 A oder Haft be- 
straft: wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Ge- 
fahr oder Not von der PolizBeh. oder deren Stell- 
vertreter zur Hilfe aufgefordert, keine Folge leistet, 
obgleich er der Aufforderung ohne erhebliche 
eigene Gefahr genügen könnte, s. Gefahr. — 
Dienstleistungen für bes. Zwecke, wie 
Feuerwehrdienst, OQuartierleistungen, Natural- 
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leistungen für die bewaffnete Macht usw. regeln 
sich nach den einschlägigen Gesetzen, s. d 
Bazille. 
Gemeindedistrikt s. Jagdpolizei II. 12, Jagd- 
recht II. 5. 
Gemeindeeichämter s. Maß= und Gewichts-Ord- 
nung VI. 
Gemeindeeinkommenstener f4. 
rechte der Gemeinden II. 8. 
Gemeindegelder, Anlegung bei Darlehenskassen, 
s. Genossenschaften. 
Gemeindegerichte. I. In § 14 Nr. 3 GVG. sind 
innerhalb best. Grenzen als besondere Gerichte, 
Gemeindegerichte (Gd.) zugelassen. Von 
diesem Vorbehalt hat W. Gebrauch Lemacht, wo- 
selbst die aus den alten Stadt= und Dorfgerichten 
hervorgegangene Gde Gerichtsbarkeit erhalten ge- 
blieben ist. Die landesgesetzliche Grund- 
lage für die Gd G. bilden Art. 3—18 W. Ab. 
Besteuerungs- 
z. Z PrO. (im f. als A. bezeichnet), i. d. F. 
31. 7. 99, Rgbl. 545, mit Aend. des 
Art. 13 durch G. 20. 2. 02, Rgbl. 65, des Art. 4 
durch Art. 31 Abs. 4 Gde O. und der Art. 3, 5 u. 6 
durch G. 5. 7. 10, Rgbl. 297. Die Gerichts- 
kosten im Gd Gerfahren sind geregelt durch 
KO. 28. 6. 02, Rgbl. 221, auf die Kosten der 
Rechtsanwälte sind gemäß Art. 2 Z. 2 W. RAO. 
und die D. RAc#O. anzuwenden. Eingehende Best. 
über Gd G. enthalten die durch Min JustV. 19. 1. 
11, Abl. Nr. 3, 27, in neuer Fass. herausgegebenen 
Dienstvorschriften für die Gd G. (D. V.). 
Die gleiche Nr. des Abl. enthält auch einen Abdr. 
der obenangeführten ges. Best. nach dem neuesten 
Stand, sowie der GebO. v. 1902. — Die Gd. 
stehen unter der Dienstaufsicht der Amts- 
gerichte, in deren Bezirk sie ihren Sitz haben, der 
andgerichte, des Oberlandesgerichts und in letzter 
Linie des Min Just. Die Dienstaufsicht wird an 
erster Stelle durch den dienstaufsichtführ. Amts R. 
ausgeübt, der, unbeschadet der Unabhängigkeit der 
G#d G. in der Rechtsprechung und in der Anwendung 
der G., insbes. gegen Verzögerugn od. Verweigerung 
der Rechtspfl. nötigenfalls mit den ges. huezzall 
Ordnungstrafen einzuschreiten hat, Art. 2 AG. 
GVG., §6 DV., Art. 199, 203 Gde O. — Das Soch- 
wir 2 geb irb et durch den nach den G. über die 
GdeVerfassung besetzten Gderat. Durch Gdesatzung 
können jedoch die gdegerichtl. Geschäfte einer Gde- 
ratsabteilung von wenigstens 3 Mitgl., einschl. 
des Vorsitzenden und die Obliegenheiten des letz- 
tcren auch einem Gdebeamten außerhalb des Gde- 
rats übertragen werden. Die Gdesatzung, die zum 
Voraus über Zusammensetzung der Abteilung, 
Person des Vors. und seines Stellvertr., Reihen- 
folge und Zeit der Berufung der Mitgl. und ihrer 
Stellvertr. Best. zu treffen hat, ist der Zivil- 
kammer des vorgesetzten LG. vorzulegen, die ihren 
Vollzug gemäß Art. 8 Abs. 3 Gde O. untersagen 
kann, Art. 4 AG., Art. 31 Abs. 4 Gde O., § 2 D. 
In Stuttgart ist zum Vors. des GdG. ein zum 
Richteramt befähigter städt. Beamter bestellt. Die 
Einrichtung einer Gerichtschreiberei ist nicht vor- 
geschricben, aber auch nicht ausgeschlossen. — Die 
GdG. entscheiden vorbehältlich der 
 
	        
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