Full text: Handwörterbuch der Württembergischen Verwaltung.

Gesellschaften — Gesetzgebung. 
befugt, eine Prüfung für ungültig zu erklären, 
wenn wesentliche Vorschr. des Verfahrens verletzt 
find oder der Pr Aussch. nicht vorschriftsmäßig be- 
setzt war und die Handwerksk. keine entspr. V. ge- 
troffen hat. Die Kosten der Pr. haben je für 
ihre Pr Aussch. die Handwerksk. und Innungen 
zu tragen, denen auch die Pr Gebühren zufließen, 
§ 131b Abs. 4. Den Handwerksk. werden Staats- 
beiträge zu den Kosten gewährt, HFE. Kap. 38 
Tit. 7. Im J. 1912 betrug die Zahl der Prüflinge 
bei den Aussch. der Handwerksk. 5537, bei denen 
der Innungen 1418, zus. 6955, worunter 860 Lehr- 
linge aus Fabriken, Stat. Handb. Fr. Kälber. 
Gesellschaften, ausländische. Nach Art. 282 des 
AG#BGB. 28. 7. 99, Roabl. 423, bedürfen aus- 
ländische, d. h. nichtdeutsche Aktiengesellschaften, 
Kommanditgesellschaften auf Aktien und juristische 
Personen, um in W. ein stehendes Geschäft mittels 
Zweigniederlassung oder ständiger Agentur zu be- 
treiben, dann der staatlichen Genehmigung, wenn 
das Unternehmen Bank- und Kreditgeschäfte, Sach- 
oder Lebensversicherungen einschließlich der Leib- 
rentenverträge zum Gegenstand hat, oder wenn in 
dem betr. ausl. Staat der- Gewerbebetrieb von 
solchen Gesellsch. und Personen, die W. angehören, 
gleichfalls staatl. Genehm. erfordert. Die Genehm. 
wird durch das Min J. erteilt und ist widerruflich. 
— Vgl. auch § 12 GewO., § 23 BGB. und Art. 10 
EBGB., sowie § 201 Abs. 5 HGB. Krack. 
Gesetzgebung, württ. 1 I. Begriffe und allg. Be- 
stimmung. 1 Die Normen, die in einer Gemein- 
schaft, namentlich in einem Staate, das äußere 
Verhalten der Menschen zu einander und zum 
Gemeinwesen in erzwingbarer Weise regeln, heißt 
man Recht (i. obj. S., Gegensatz: R. i. subj. S., 
d. h. eine durch das obj. R. einer Person ein- 
geräumte erzwingbare Befugnis). Das R. ist 
Gewohnheits R., wenn es sich in langjähriger 
Uebung als die rechtl. Meinung und Ueberzeu- 
gung der Gesamtheit äußert, s. Gewohnheits R.; 
es ist Gesetzes R., wenn es durch die Staats- 
gewalt als maßgebende Ordnung des Gemein- 
schaftslebens aufgestellt wird. Das GesR. heißt 
auch geschriebenes R., weil es stets aufgezeichnet 
und veröffentlicht wird. G. ist demnach jeder Be- 
fehl der Staatsgewalt, der durch Aufstellung eines 
Rechtsatzes die Handlungsfreiheit beschränkt, d. h. 
eine erzwingbare Verpflichtung zu einem best. 
Handeln oder Unterlassen auferlegt (G. im 
materiellen, d. h. durch den Inhalt best., 
Sinn). Neben diesem mat. Begriff des G. hat sich 
ein formaler Begr. entwickelt. Man versteht näm- 
lich unter G. i. formalem S. auch jede von den 
gesetzgebenden Organen, d. h. von der 
Regierung mit Zustimmung der Stände erlassene 
Anordnung. Dieser Begriff erklärt sich daraus, daß 
G. im mat. Sinn grundsätzlich nur von den ge- 
setzgebenden Faktoren ausgehen können. Nun gibt 
es aber Vorschr. in den Verfassungen, die zu ge- 
wissen Staatsgeschäften, die inhaltlich sich nicht 
als G., sondern als Verwaltungsakte, s. d., charak- 
terifieren, Zustimmung des Landtags erfordern; 
da man auch solche Staatsgeschäfte als „Gesetz“ 
bezeichnet, obwohl dieselben mat. nicht G. sind, so 
  
329 
mußte man den Begriff „G.“ im formalen S. auf- 
stellen. Die § 88 u. 90 Vl. best. nun, daß ohne 
Zustimmung der Stände kein G., auch nicht im 
Landespolizeiwesen, gegeben, aufgehoben, ab- 
geändert oder authentisch (d. h. in maßgebender, 
durch den Gesetzgeber selbst erfolgender Weise) er- 
läutert werden kann. Diese Best. gilt sowohl von 
den mat., als den form. G.; in letzterer Sins. ist 
namentlich zu erwähnen, daß ein Befehl der 
Staatsgewalt, zu dessen Erlassung die Regierung 
allein zuständig gewesen wäre, aus politischen 
Gründen durch Uebereinkunft von Reg. und Stän- 
den in Gesetzesform erlassen werden kann; ist 
dies einmal geschehen, so kann die erlassene An- 
ordnung ohne Zustimmung der Stände nicht mehr 
abgeändert oder aufgehoben werden. G. i. mat. S. 
können, wie sich aus Vl. § 88 u. 90 ergibt, durch 
einseitige Verfügung der Reg. nur erlassen werden, 
wenn eine ges. Ermächtigung (Delegation) hiezu 
besteht, s. Verordnungen. Ebenso kann eine Be- 
freiung von ges. Vorschr. (Dispensation) 
durch den König oder die Behörde nur kraft 
besonderer gesetzlicher Ermächtigung erteilt 
werden. Die w. GG. unterliegt den aus 
Art. 2 RV. sich ergebenden Beschränkungen; w. 
Landes G. können also nur noch insoweit erlassen 
werden, als nicht Reichsrecht entgegensteht. — Bei 
einigen Fragen besteht zwischen Reg. und Landt. 
Streit darüber, ob dieselben einseitig von der Reg. 
oder nur auf dem Wege des G. geregelt werden 
können. Die Reg. nimmt nämlich die Rege- 
lung des Gebührenwesens im Weg der 
V O., s. d., im Widerspruch mit der Abgeordneten- 
kammer in 2 Fällen in Anspruch: 1. dann, wenn 
dieselben unter den Gesichtspunkt der Dienstauf- 
sicht fallen (hieher gehören namentlich die Ge- 
bühren der Beamten oder öff. angestellter Pers., 
die diese für sich erheben), 2. dann, wenn dieselben 
eine rein privatrechtl. Gegenleistung für eine im 
Gewerbebetrieb des Staats verrichtete Tätigkeit 
darstellen (namentlich Tarife und Gebühren im 
inneren Post-, Telegraphen= und Eisenbahnver- 
kehr). Bei Abänderung des aus der vorver- 
fassungsmäßigen Zeit (25. 9. 1819) herrührenden 
Rechts ist zu unterscheiden, ob es sich als G. im 
mat. Recht darstellt oder nicht; im ersteren Fall 
unterliegt seine Abänderung und Aufhebung der 
Vorschrift der § 88 u. 90 VIll. Die Organi- 
sation der Behörden, die grundsätzlich dem 
König zusteht, ist im GG#Weg insoweit vorzu- 
nehmen, als ständische Zustimmung erforderlich ist 
1. wegen des ständ. Etatsrechts, s. d.; 2. weil die 
besteh. Organis. auf Verfassung oder G. beruht; 
3. weil die neue Beh. mit obrigkeitlichen Rechten 
ausgestattet werden soll. — 1 II. Der Weg der 
w. Gesetzgebung. Ein w. G. kommt folgender- 
maßen zustande: 1. Gesetzesvorschlag und 
Feststellung des Gesetzesinhalts. Das 
Recht, einen GVorschlag zu machen, heißt man das 
Recht der gesetzgeberischen Initiative. Es steht so- 
wohl der Reg. als den Ständen, und zwar jeder 
der beiden Kammern für sich, VU. § 172 Abs. 1, 
zu. Der Guorschlag (GEntwurf) geht also ent- 
weder vom König mit Gegenzeichnung eines Min.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.